Kontrolle, Kontrolle, Kontrolle. Claire ging es darum, alles zu kontrollieren, alle Parameter abzuwägen, jeden Zufall auszuschalten, alles zu berechnen, sich abzusichern, an Morgen zu denken, an Übermorgen zu denken, an ihren Pensionsfond zu denken, an ihr Konto zu denken. Das Leben erschien ihr als riesige Mechanismen voller prekärer
Balancen, die es zu halten galt. Jede Abweichung der Balance – Defizite
im Finanziellen, im Beruf, im Aussehen, im Durchschnittsgewicht, im
Body-Mass-Index, in den Karrierevergleichen mit Gleichaltrigen, in
Besitzvergleichen mit ihren Eltern, ihren Freunden, ihren Feinden – ja,
waren sie nicht deshalb erst ihre Feinde? -, überall sah sie
Wertigkeiten, die einzuhalten ihr von Gebiet zu Gebiet unterschiedliche
Mühe bereitete. Es hatte sich so angeboten, dachte Claire
geistesabwesend und fast automatisch, dem traditionellen Wertesystem
möglichst früh die kalte Schulter zuzuwenden und sich ihr eigenes,
allerdings im Effekt nicht weniger beherrschendes, als Herrscher auf
die Schulter zu setzen.