The Return of the Ze: Hard Times

 Yes! Mr. Zefrank ist nach dem betrüblichen Ende seines wirklich wunderbaren Einjahres-Videopodcasts "The Show" (Lobeshymne hier) zurück und präsentiert auf seinem YouTube-Kanal hilfreiche Tipps für "Hard Times". Absurder Infantil-Genialismus! Hier zB die billigste iPhone-Applikation.

Print vs Web: BLDG BLG

In den Printmedien wird das Wehklagen und Zähneknirschen über das böse, böse Internet immer lauter. Open Access und Google sind böse, weil sie die armen Autoren enteignen würden. In Blogs und Foren treiben sich antiintellektuelle Digitalproleten rum, die sich anmaßen, ihre Laienmeinung gegen professionelles Auskennertum zu setzen. Bei der ZEIT wechseln sich zumindest Pro und Contra regelmäßig ab.

Dass die vielen Webverächtern a priori viel qualitätsvolleren Printmedien vor schlimmen Einschnitten und inhaltlichen Revolutionen stehen müssen, wenn es sie denn weiter geben soll, ist ganz gut. Das langweilig werdende Argument der Verfechter des Baumtötens ist keins: Nur im Print gibts Qualität, im Netz sei alles nur voll 1000x wiederholtem Gehype und Katzen.Stimmt nicht.

Ein elegantes Gegenbeispiel (von vielen) zu dieser polemischen Angstthese ist BLDG BLG. Seit 2004 stellt der Brite Geoff Manaugh, formal bescheiden in Form eines Blogger-Accounts (!), hier fantastische Texte und Bilder zu den Themen "Architectural Conjecture, Urban Speculations & Landscape Futures" zusammen. Aktuell etwa gibt es eine tolle Fotoserie zu Saddams verlassenen Palästen im Irak oder einen kurzen Text zu Bildern des Malers Charles Robert Cockerell (siehe Bildausschnitt oben!) zu sehen; in den Archiven kann man buchstäblich tagelang stöbern und findet immer wieder unglaublich Interessantes aus fünf Jahren kreativsten Bloggens, das es de facto auf diese Art in so gut wie keinem Printmedium gibt.

Appetitanreger gefällig? Die Kavernen ManhattansArchitektur in virtuellen Welten, Neuro-Tourismus und postapokalyptische Fotos von Tokyo. Etc. etc.

Außerdem sagt ja keiner, dass sich Web und Print ausschließen müssen: Ab Juni gibt es die besten Beiträge des BLDG BLG in gedruckter Form als Coffee-Table-Book zu bestellen.

Bitte zurücktreten!

 Wer gerne weniger rechtsextreme Burschenschafter als Nationalratspräsidenten hätte, kann hier unterschreiben. Die ÖVP weigert sich ja bisher, vielleicht nutzt die öffentliche Unmutsäußerung was.

Man soll sich ja bekanntlich nicht alles gefallen lassen. 

Seltsame Sachen: Jack Mord

Der flickr-Fotostream von Jack Mord ist ein Sammelsurium düsterer fotografischer Kuriositäten und gewährt oft bizarre Einblicke in vergangene Tage. Und: Die Leben anderer Menschen üben ja sowieso einen gewissen Zauber aus.

Der Mann selbst - nomen est omen - verdient irgendwie anscheinend seinen Lebensunterhalt mit Vintage-Fotografie und betreibt das Projekt "The Thanatos-Archive" , das sich ausschließlich mit historischer Post-Mortem-Fotografie beschäftigt. Nichts für zarte Gemüter, das - und irgendwie auch etwas seltsam, dass man sich als Member gegen Gebühr registrieren lassen muss, um das gesamte Archiv zu sehen.

Alles sehr seltsam. Aber naja, wie lautet nochmal das tamtam-Motto: Verwirre dich täglich. Drum: Schönen Dienstag!

Du bist Terrorist

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Wer vor lauter spaßiger Kapriolen unserer staatsbezahlten Vollpfosten den großen Bruder Deutschland aus den Augen verloren hatte,soll mal einen vorsichtigen Blick ins Nachbarland riskieren. Obwohl dort die umstrittenen Internetsperrlisten für Kinderpornografie inzwischen zumindest mehr oder weniger heftig öffentlich diskutiert werden, scheint die deutsche Regierung ein gesundes Misstrauen gegen ihre eigenen Bürger zu kultivieren - das Video, das auf der durchwachsenen "Du bist Deutschland"-Kampagne von 2005 beruht, fasst das sehr schön zusammen.

Hab ich schon erwähnt, dass sich vor kurzem auch der oberösterreichische Landtag für eine entsprechende Zensurliste in Österreich starkgemacht hat? Wahlkampf ists, und dass man als Stimmvieh von allen Parteien für nicht besonders helle gehalten wird, sieht man zur Genüge an den EU-Wahlplakaten. Besonderes *facepalm geht wieder mal an die Grünen, die in Oberösterreich mit Rot-Schwarz für die Zensurliste gestimmt haben. Die wollen wohl noch die hartnäckigsten Wähler verschrecken. Keine Korrektur des Stimmzettels von 2008 nötig!

21st century masters: Odd Nerdrum

Montag! Na, da geht dann auch gleich ein bisschen Bildungsbürgertum, freak-style. Ein Künstler mit dem Namen Odd Nerdrum qualifiziert sich quasi von selbst für die WTF-Kunst-Ecke, und der Norweger macht seinem bizarren Namen alle Ehre. Von Kritikern als Kitsch-Künstler bezeichnet, aber unbestritten ein technisch fantastisch versierter Liebhaber der niederländischen und italienischen Malerei der späteren Renaissance und des Barock, zitiert der Mann von Caravaggio über Rembrandt und Bosch so gut wie alles bis ins 20. Jahrhundert von Albin Egger-Lienz bis zu Dali , aber naja, man kennt ja den Kunstmarkt: Bis zum Tod des 1944 geborenen Sonderlings wirds wohl noch dauern, bis die kunsthistorische Heiligsprechung erfolgt.

Merke: Alle sollen bitte ihre Meinung zu Kunst äußern, bis auf Kunsthistoriker. Und die Künstler selbst sollen eigentlich auch die Klappe halten und ihr Werk für sich sprechen lassen.

Weitere irre Bilder gibts hier, ganz unten thematisch geordnet , und natürlich hier bei der allwissenden Müllhalde.. Bizarren Montag!

Spiegel Wissen: Mein Ich

 Aus beruflichen Gründen meide ich Zeitschriften und Magazine, so weit es geht, doch hin und wieder lohnt sich der Kauf, und sei es nur, um auf dem stillen Örtchen etwas zum Lesen zur Hand zu haben (muss man aber nicht). Das aktuelle Spiegel Wissen, jetzt um 7,20€ am Kiosk, widmet sich in einer Artikelsammlung dem menschlichen Bewusstsein und bietet einen brauchbaren Startpunkt in die interessante Welt der Bewusstseinsforschung, der Neurophilosophie und der Psychologie.

Wer nach der Häppchensammlung Lust auf Ausführlicheres hat, ist mit der originellen Anthologie "Einsicht ins Ich" von Douglas Hofstadter und Daniel Dennett gut bedient, in der literarische und wissenschaftliche Texte das Feld umkreisen. Ebenso interessant, und aus der philosphischen EDV-Ecke kommend, ist Tor Norretranders "The User Illusion"  (auf Deutsch sehr metaphysisch-esoterisch als "Spüre die Welt" verunstaltet).

Und wer sich wirklich gründlich die Synapsen frittieren möcht, sollte an meinem Lieblings-Crackpot-Scientist Julian Jaynes Gefallen finden, mit dem ich seit Jahren jene Unglücklichen quäle, die das Pech haben, mit mir über Gott und die Welt zu diskutieren. Gerade im Darwin-Jahr ein zu Unrecht in Vergessenheit geratenes Genie! Stark bleiben, Freunde!

Superslow

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depeche mode - wrong

Dass Depeche Mode ein neues Album raus haben, dürfte sich mittlerweile rumgesprochen haben, und die erste Single "Wrong" dürften die meisten auch schon mal vernommen haben. Hat sie sich bei euch auch so wie bei mit in die Gehörwindungen geschraubt? Ich trau mich fast nicht den Rest des Albums zu hören, aus Angst die anderen Songs tun es nicht so - oder alle tun es, und ich bin verloren...???

Jedenfalls hat mich das Video gerade eben etwas verstört - fängt langsam und harmlos an, und dann aber ... naja, sehet selbst. Schönen Montag!

Empfehlung: Dan Simmons: Terror

 Die Franklin-Expedition im Jahre 1845 hatte das Ziel, die berühmt-berüchtigte nordamerikanische Nordwest-Passage zwischen Atlantik und Pazifik zu erforschen. Wie einige Expeditionen davor und danach scheiterte der Versuch: Eine schiffbare Verbindung am Nordrand Kanadas existiert nicht, tückisches Packeis lässt auch moderne Schiffe an den extremen Bedingungen scheitern.

Dan Simmons, mehrfacher Gewinner des Hugo-, des Locust- und des Bram Stoker Awards, hat mit "Terror" diese Expedition und ihr spektakuläres Scheitern in einen beeindruckend spannenden historischen Roman verpackt, der wenig mit dem Bildungsbürgertum dieses oft langweiligen Genres zu tun hat: "Terror" ist ein Kammerspiel, ein Psychogramm seiner geschickt differenzierten Hauptfiguren, ein historisch akkurates, aber dennoch atemberaubend spannendes Stück, jawohl,  Horrorliteratur, das an einigen Stellen bewusst an den großen literarischen Innovator dieser Zeit, Edgar Allen Poe, anschließt.

Gerahmt von handfesten historischen Fakten entwirft Simmons in den weißen Flecken unseres Wissens vom tatsächlichen Schicksal der Expedition ein episches Gemälde des Scheiterns, nicht nur der Expedition selbst, sondern auch der Überheblichkeit des westlichen Forscherdrangs im 19. Jahrhundert an sich. Die Inuit, die seit Jahrtausenden das Überlebenin der lebensfeindlichen Welt des Polarmeeres perfektioniert haben, sind den hochmütigen Forschern der britischen Admiralität nur Wilde, und dennoch fallen die Europäer nicht nur dem Packeis zum Opfer, das die Schiffe Erebus und Terror für drei Jahre im Eis festhält, sondern auch dem Skorbut, dem komplizierten Klassengefälle zwischen Offizieren und Seemännern und nicht zuletzt dem "Ding auf dem Eis", einem erschreckenden, gigantischen polaren Raubtier, das direkt der Mythologie der Ureinwohner zu entstammen scheint.

"Terror" ist spannend bis zur letzten Seite - ein Kunststück angesichts der fatalistischen Ausgangssituation, das Simmons durch grandiose Figuren und intensive Schilderungen mit bewundernswerter Mühelosigkeit meistert. Es sind - motivlich und faktisch bedingt - nur wenige Frauen zu finden in diesem Buch, doch die militärische Männergesellschaft an Bord der Schiffe wird in ihrer beengten Künstlichkeit niemals zum Abenteuerklischee verklärt, sondern, historisch akkurat, als logische Konsequenz ihrer Zeit und ihrer Gesellschaft geschildert.

Entwarnung: Simmons schreibt nicht für ein intellektuelles Historikerpublikum, bewältigt aber einen nur selten gelingenden Spagat: "Terror" ist schlicht extrem spannende Unterhaltungsliteratur, ohne ins Seichte abzugleiten. Empfehlung!