risa@India III

Puri. Wildwest.


Nur als Zwischenstopp gedacht, entpuppt sich Puri (Orissa) als ein Juwel der besonderen Sorte. Nicht nur der angenehme, leichte Orkan, der die Hitze vertreibt, sondern auch, dass der Ort Vishnu * aks Jagannath * geweiht ist, macht ihn besonders. Mit einer wildwestlichen Melancholie durchstreifst du diesen Landstrich und triffst auf Rikschafahrer, die dich nicht in Ruhe lassen, Menschen, die dir aus der Distanz heraus zulaecheln, Kinder, die neben einem aus einem Horrorfilm auferstandenen, weißaeugigen Hund am Strand hinscheißen und Frauen, die stundenlang mit voller Eleganz Betonkloetze zur Baustelle tragen, waehrend die Maenner sitzen, tratschen und rauchen. Danach eine große Freude im "Honey Bee" zu sitzen und richtigen Kaffee zu schluerfen. Drei junge Schweden am Nebentisch, und ein kleines "The Beach"-Feeling kommt auf. Man hofft nur, dass sie nicht vom Hai angegriffen werden. Aber Fische gibt es hier zur Zeit nicht - der Orkan ist zu stark, und die Fischer koennen nicht hinaus aufs Meer. Stattdessen muesen sie Perlenschmuck erfolglos am Strand verkaufen, erzaehlt dir eine junge Frau vom Fischerdorf in fließendem Englisch. Dann wieder Honey Bee und Begegnung mit einem aelteren Hare Krishna Berliner, der dir zu einem geheiligten Jagannath-Essen verhilft, um dich deiner "Suenden" zu entledigen. Getan; Gegessen; Du fuehlst dich nicht heiliger. Vielleicht spaeter... Weiterlesen »

RIP: Kurt Vonnegut 1922-2007

KV

"We are here on Earth to fart around. Don't let anybody tell you any different."

Noch ein großer, hierzulande unterschätzter Autor ist tot: Kurt Vonnegut ist gestern 84-jährig verstorben. Der Amerikaner deutscher Abstammung reiht sich würdig zwischen Mark Twain, Philip K. Dick und Joseph Heller als humorvoller, humanistischer und hellsichtiger Kritiker, dessen Werke trotz ihrer haarsträubenden, originellen und durchaus auch schockierend experimentellen Ideen eine schreiberische Leichtigkeit haben, die ihn in den Augen der gestrengen deutschen Literaurkritik (die vereidigten Hüter der kultivierten Langeweile auf Lebenszeit) immer "nur" zum Autor von Unterhaltungsliteratur verdammte.

"Slaughterhouse 5", sein bekanntester Roman, sollte in seiner Kritik an der Unmenschlichkeit des Krieges, in seinem fantastisch-absurden Aufbau und seiner optimistischen Traurigkeit (oder eher: pessimistischen Lebensfreude?) zur Pflichtlektüre jedes Literaturinteressierten gehören. Sein letztes Buch, das letztes Jahr erschienene "A Man without a Country", rechnet in einer Sammlung von Essays und Erinnerungen mit den gegenwärtigen USA ab und stellte unter Beweis, dass Vonnegut auch im hohen Alter so human, witzig und hintergründig geblieben war wie eh und je.

Rest in peace.

"There is no reason Good can't triumph over Evil, if only angels will get organized along the lines of the Mafia."

Neuauflage von Junta

Wer immer schon wissen wollte, wie man sich als Diktator so fühlt, dem kann ich nur die Neuauflage des Spieleklassikers "Junta" empfehlen. Nirgends kann man so schön zynisch intrigieren, putschen und morden...

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Death is not the End, Teil III

Achtung: Nicht für Säuglinge geeignet. Verschluckbare Kleinteile!"Die wollen ja nur spielen!" Jawohl, die ulkigen Untoten eignen sich hervorragend für Spiele aller Art. Immerhin braucht man für Zombiehorden nicht viel künstliche Intelligenz, dafür aber raue Massen. Auch hier hat in den letzten Jahren der Zombie-Boom vermehrt zugeschlagen: Es gibt Brettspiele und elektronische Varianten, am lustigsten erscheint mir aber die in den USA vermehrt aufkommende Sitte, sich organisiert und schick zurechtgemacht  zu "Zombie-Mobs" zusammenzuschließen und an öffentlichen Orten für gepflegte Verstörung zu sorgen. Tja, gibt's eine effektivere Art des Downshiftings in unserer hypereffektiven Welt? Wohl nicht. Und jetzt alle: "What do we want" "Brains!" "When do we want them?" "Brains!"

Eine weitere faszinierende Variante des untoten Gamings kommt von Gamesdesignlegende Hideo Kojima (Metal Gear Solid): In einem geplanten MMORPG in einer von Zombies überrannten Stadt ist der Tod (und folgende Untod) der Spielfigur endgültig: Wer zombifiziert wird, kann seinem Online-Alter-Ego nur mehr beim Rumschlurfen und Verrotten zusehen und muss erneut zahlen, um mit einer anderen Figur neu zu starten. Hört sich frustrierend an? Ja - aber dafür auch unvergleichlich spannend - da geht's ja auch um was. 

Noch zwei Tipps für den Lo-Tech-Zombiephilen im Web: "Urban Dead" ist, ja, das kann man so sagen, ein soziologisches Experiment in spartanischster Spielumgebung: Ein Lo-Tech-Massive-Multiplayerspiel in einer untoten Stadt. Zehntausende Spieler - sowohl als Zombies als auch als Überlebende - bevölkern die abgesperrte Stadt Malton und tun, was ihnen grad so einfällt. Wenige Regeln, nur fünfzig (schnell zu erldigende) Spielzüge pro Tag Realzeit und eine riesige Community bilden ein faszinierendes Minilabor der Apokalypse.

Wer's brachialer mag: Sowohl De-Animator als auch Zombie-Grinder appellieren eher an den Überlebenswillen und den Trigger-Finger. Bei Zombie-Grinder gibt's übrigens Deathmetal satt - die Länge und Geschwindigkeit (!) der Levels richtet sich nach den namhaften Deathmetal-Stücken im Hintergrundsoundtrack - unbedingt anhören!

Death is not the End, Teil II

Noch mal: Zombies sind Pop. Und das schon länger und nicht erst, seit die Kulturwissenschafter viel Lärm drum machen. Wer hätte damals gedacht, dass das einzig tatsächlich Unheimliche in Michael Jacksons "Thriller", tja, eben der King of Pop selbst sein würde? Heutzutage, nach dem großen Revival von Folterszenen in Nachrichten und Popkultur, kehrt der Bodyhorror auch auf die Popbühne zurück - allerdings selten so konsequent wie in den Musikvideos von Naked Ape. Regie führte Eric Althin, für den das, jawohl sowas wie eine Leidenschaft ist - immerhin nennt er seine Produktionssache "Zombieduck Films"...  Eins  sieht man jedenfalls: Das Leben nach dem Tod muss gar nicht so öd sein, wie uns immer eingeredet wird - alles schlechte Presse. "The living Dead"??  Sprechen wir lieber von "biologisch herausgefordert".

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Death is not the End. Teil I

Fun for all the family!

Es tut mir leid: Ostern erinnert mich irgendwie immer an mein liebstes Horrorgenre. Und nicht nur ich habe an den knuddeligen Untoten einen Narren gefressen. Kein Wunder, schließlich sind Zombies die perfekten Monstren für den Spätkapitalismus - wer an einem Einkaufssamstag auf der Mariahilferstraße steht, weiß, wovon ich spreche.

Wie sagte George Romero, Godfaher of the Living Dead, so schön? "The Living Dead? That's us." Drum nutz ich die Abwesenheit des sanftmütigen schlomo und zerre Euch an den Haaren ins untote Leben. Haltestelle 1: "What to do in a Zombie attack." Genius. Pure genius. Coming up next: Undeathmetal. Weiterlesen »

The Easter Bunny Hates You

Buenos Aires! 

Reality Cracking: If you can't buy them, sue them

 Exakt zwei Filme sind dezeit in den USA auf dem Index - und was noch mehr überrascht als die Tatsache, dass die "Free Speech"-Nation tatsächlich einen Index hat, ist die völlige Universalität des Verbots. FIlm 1, "Superstar: The Karen Carpenter Story " liegt wegen Copyrightproblemen seit 1987 auf Eis. Film 2 allerdings ist ein Spezialfall. "The Profit" , ein 2001 gedrehter Thriller über den Aufstieg eines Niemands zum mächtigen Kult-Gründer. Was daran besonders ist: Regisseur war ein gewisser Peter Alexander (no joke), der 20 Jahre bei Scientology verbrachte und insgesamt vor seinem Ausstieg über eine Million Dollar an diese "Religionsgemeinschaft" spendete. (IMDB)

Die Begründung des Richters: Ein 2002  gerade  laufender Prozess, in dem die Verantwortung Scientologys (Wikipedia) für den Tod eines Mitglieds verhandelt wurde, sollte durch die Veröffentlichung des Filmes nicht beeinflusst werden. Auf Betreiben der Scientology-Anwälte verbot Richter Robert E. Beach praktischerweise die Aufführung weltweit - ein Urteil, das bis heute gültig ist. Wie überaus günstig für Scientology, das in den Medien hierzulande KEINE Religionsgemeinschaft ist und ohnedies gemeinhin in den Medien mit den Wortkombinationen "Tom Cruise" und "verklagen"  assoziiert wird und im Film wohl insgeheim und nicht ganz unbegründet ein Porträt des Firmengründers Rob Hubbard erblickte. 

Bizarrerweise hat auch die Ankunft von p2p diese Situation nicht verändert: Das Ansehen des Films ist übrigens nicht illegal, nur die Verbreitung. Inzwischen nimmt die Sache aber wieder Fahrt auf: DIe lebhafte Webpräsenz des Films vermeldet, dass im April eine weitere Runde zur Veröffentlichung des Films vor Gericht ausgetragen wird - Scientology-Anwälte halten immer noch dagegen. Falls der Film freigegeben wird, wäre das dadurch erzeugte Medienecho eine doppelte Niederlage für Scientology, das auch im Internet seine Fronten und Schützengräben ausgehoben hat. "Operation Clambake" , jüngst schon hier verlinkt, hat sich bisher wacker gegen die Angriffe der hochbezahlten Scientology-Anwaltschaft zur Wehr gesetzt.

You're the Man Now, Dog!

 Web 2.0 - Vorsicht, der Würgereflex schnürt einem sofort die Peristaltik auf Strohhalmdicke, wenn wieder mal dieses Schlagwort fällt. Für YTMND.com will der Schuh aber sowieso nicht so ganz passen. Etwa 2001 hatte der US-Amerikaner Max Goldberg die simple Idee, einzelne statische Webseiten, Bilder oder Filmschnipsel mit kurzen Soundloops unterlegt, als selbstständige Statements zu präsentieren. Das kryptische Akronym "You're the man now, dog" stammt übrigens aus dem Film "Finding Forrester" und wird von keinem Geringeren als Sir Connery gesprochen. Man addiere zu diese einfachen Idee einfach kurzerhand Tausende User, die selber Content beisteuern, und fertig ist die obskure Medienmaschine - mit klarer Betonung auf obskur.

Oder, wie Goldbaum selbst sagt: "YTMND is a site created for the purpose of furthering the creativity of its users. It stems from an idea that, using sound, and image, and some text, the users can convey a point, funny, political, or otherwise, to the general media. "

Ein "YTMND" ist heutzutage ebendas: eine statische Seite, auf der mit Bild, Film und Ton respektlos ein Statement gemacht wird.Kurz und oft dadaistisch. In der bewegten Geschichte der Seite kam es deshalb schon zu Klagen von u.a. Scientology und Sega. (Ach ja, die Scientologen klagen halt gern. Übrigens besonders diese Seite - da werden nämlich seit 1996 die "geheimen Texte" der $-Religion veröffentlicht.)

Immer noch keine Idee, was ein YTMND ist? Na. dann fragt einfach Arnold .  Er sagts auch noch klarer . Oder schaut mal, welche Internetmeme ihr in den letzten drei Jahren versäumt habt. Oder man kann auch seine Stellung im Universum neu überdenken. Dann gibt's die schockierende Wahrheit über Star Trek und über Gott . Und tote Rockstars. Oh, und die Katzen sind natürlich auch dabei. Ja, es gibt hier Sachen.

Kurzum: Ein Riesensauhaufen aus der kreativen Rumpelkammer des kollektiven Unterbewusstseins. Übrigens: Hier ein intimer Moment zwischen Mulder und Scully , zu geschmackvoller Musik. Ist das nicht nett.