Mit den Kopfhörern
verwandelt sich die Stadt in etwas anderes. Der Raum wird durchlässig, wird zum
Begleittrack des Basses, der dir in seiner ruhigen Festigkeit den Takt deiner Gedanken
vorgibt. Joy in repetition , die Monotonie ist dein Freund. Eine Falltür zum Keller
der wirklichen Stadt, in der du die Gedanken ihrer Bewohner nicht mehr so
deutest wie sonst.
Es ist eine Aufladung mit Style, nicht nur deiner selbst,
sondern auch der ganzen Kulisse. Die Graffiti-Tags werden plastisch, zeigen
dir, dass hier eine eigene Sprache und Politik der Zeichen existiert, die den
wissenden, aber auch dem, der nur ahnend mit dem Beat im Ohr daran vorübergeht,
aufzeigt, dass am Rande deines Blickfelds etwas ist, was du normalerweise nicht
wahrnimmst. Dabei ist es unerheblich, ob die Urheber hier nur wie Hunde ihr Territorium
markieren, die Bedeutung der Zeichen ist sekundär. Ihre bloße Existenz aber gibt
den blick auf eine andere Stadt frei, eine Stadt der Geheimnisse, die auch in
der Welt derer, die sie nicht sehen, stets präsent und dem, der schaut,
offenbar ist. Es ist einfach, die Stadt mit der richtigen Musik zu verwandeln.
Die hypnotisierende, täuschend einfache Nichtmelodie macht es automatisch mit
dir.
Schwierig ist es, sich dieser spezielle Deutung der Stadt zu entziehen,
den Scheinwefer ohne Anlass auf die ecken deines Sehens zu richten, die du
deshalb nicht siehst, weil sie für dich keine Bedeutung haben. Die Zeichen, die
sich dir verschließen, brauchst du ja im Normalfall nicht zu sehen, die Effizienz
unseres Daseins hängen daran, zu abstrahieren, das Wichtige zu erkennen, das Unwichige,
Beiläufige zu übersehen und eine Interpretation der aufgenommenen Daten als Handlungsanleitung
an uns weiterzugeben.
Deshalb versagt das Gedächtnis
bei der Beschreibung deiner Welt – welchen Mantel trug der Mann in der Straßenbahn,
der zehn Minuten direkt vor dir saß und wie gebannt sein Spiegelbild in der
Halbreflexion des Glases fixierte? Irrelevant.