Alter Scheiß kann plötzlich wieder ganz weit vorn sein. Eigentlich kein Wunder, wenn man den anhaltenden Trend zur Reduktion, zum Minimalismus und die Rückkehr zur reinen digitalen Soundästhetik ernst nimmt, dass in den letzten Jahren der vermeintlich überholte Sound der längst vergangenen 8-Bit-Ära wieder salonfähig geworden ist.
QED: 8-Bit-Operators . Diese Compilation des Labels Astralwerks (Heimstätte von Air und den Chemical Brothers) vereint Retro-Remixes der Paten der elektronischen Musik, Kraftwerk - arrangiert und eingespielt auf diversen 8-Bit-Maschinen. Der ästhetische Reiz der retrofuturistischen Maschinenklänge aus Kinderzimmertagen ist beachtlich, und mit dem Produktionsknow-how des 21. Jahrhunderts geht hier - nicht trotz, sondern wegen der minimalistischen Maschinerie - gehörig die Post ab. Man führe sich nur etwa "Bubblyfish More Fun" auf der MySpace-Seite des Projekts zu Gemüte - DAS ist Minimal.
EDIT: Eventtipp: Wies der Teufel so will, spielt morgen, 24.5., just einer der Kontributoren zu 8-Bit Operators in Wien: Im Rahmen von SOHO in Ottakring geben sich Berndi Fleischmann und Herbert Weixelbaum als Duo 505 im etap die Ehre.
Das ist alles nicht neu: Die Community micromusic.net macht bereits seit Jahren "low tech music for high tech people" und ist eine wahre Fundgrube fürLiebhaber des reduzierten Instrumentariums. Legenden zufolge soll sich hier auch der allseits bekannte Richard D. James aka Aphex Twin herumtreiben, und Bodenständig 2000, eine frühere micromusic-Truppe, ist inzwischen ja seit längerem auf Aphex' Label Rephlex Records gesignt.
Wem aber auch micromusic und 8-Bit operators noch zu verwässert ist, der sollte sich zwecks Nostalgieflash in frühere C64-Tage die wunderbare Welt der High Voltage SID-Collection eröffnen. In diesem Nonprofit-Projekt werden fast alle Musikstücke, die es jemals auf dem wunderbaren Soundchip des Commodore 64, dem SID, zu hören gab, gesammelt und gratis zur Verfügung gestellt. Über 30.000 Stücke aus Demos und Spielen sind es mittlerweile, und dieser raue Schatz an früher elektronischer Musik kann jederzeit etwa mittels SID-Player bestaunt werden. Wer mal reinhören will, kann dies direkt im Browser tun - mit dem Java SID Player. Und noch bequemer: Auf der Seite des SID Recordings Archive und bei SOASC gibt's massig C64-Tunes als mp3s zum Download. Und wer's gern etwas aufbereitet hat, findet auf remix.kwed.org einen Wegweiser zur wunderbaren Welt der C64-Remixer.
Wie war das nochmal? Die Gegenwart ist die Vergangenheit der Zukunft? Vielleicht ist aber auch die Vergangenheit die Zukunft der Gegenwart. Whatever. Ich muss mir jetzt aber nochmal "Crazy Comets" anhören.