Future Tech 2008: Replicate!

Die Zukunft hat schon mal besser ausgesehen. Rechtsruck, Wirtschaftskrise, Klimakollaps. Weil schwarz sehen wenig bringt, hier ein bisschen gute Zukunft: Technologie hat noch immer das Potenzial, uns alle zu retten. Wie wärs damit: Produktionsmittel in die Hände der Welt legen - RepRap. Das Ziel: Reichtum ohne Geld. Darwin trifft Marx. weiterlesen

Rapid Prototyping und 3D-Drucken sind Technologien, die bereits seit Jahren kontinuierlich weiterentwickelt werden. Aus Grundstoffen wie Plastikgranulat oder Metallpulver werden nach CAD-Vorlage dreidimensionale Objekte gefertigt, die als Prototypen, Werkzeuge oder Fertigteile verwendet werden. Der Brite Adrian Bowyer, Maschinenbau-Professor an der Universität Bath, bringt Rapid Manufacturing nun einen entscheidenden Schritt weiter. Der von ihm entwickelte 3D-Drucker RepRap hebt sich in mehreren Besonderheiten vom Rest ab. RepRap, kurz für „self-replicating rapid prototyper“, hat als erstes Gerät die Fähigkeit, auch sich selbst zu replizieren, also alle eigenen Einzelteile, bis auf wenige Schrauben, selbst herzustellen. Ende Mai dieses Jahres gelang der erste Probelauf mit dem passenderweise „Darwin“ genannten ersten Prototypen – der seitdem schon die Einzelteile für unzählige Kopien seiner selbst ausgespuckt hat

Die wahre Revolution liegt aber in den Details: Die Maschine soll im Gegensatz zu verfügbaren Geräten mit einem geplanten Preis von etwa 300 US-Dollar unglaublich günstig sein – und außerdem, und hierin sieht Bowyer selbst das größte revolutionäre Potenzial, ist RepRap zur Gänze Open Source. Einer Duplikation der Maschinen steht somit rechtlich nichts im Wege. Mehr noch: Auch Verbesserungen oder Weiterentwicklungen können gratis aus dem Netz bezogen, gleich ausgedruckt und eingebaut werden. RepRap würde sich somit nicht nur selbst duplizieren, sondern mithilfe einer weltweiten Entwicklergemeinde auch ständig technisch weiterentwickeln können – von den unzähligen anderen Produkten, die als digitaler Bauplan verteilt und dann beim Nutzer selbst direkt gefertigt werden, ganz zu schweigen.

Bowyers Vision ist global und revolutionär. Die ohne störende Copyrightauflagen im Netz stattfindende kontinuierliche Evolution seiner Erfindung könnte nichts weniger als ein Schritt zur globalen Dezentralisierung der industriellen Produktion sein. Gerade in Entwicklungsländern würden einzelne Geräte, die sich zudem eben einfach selbst replizieren und weitergeben ließen, die Nutzer in vielen Bereichen unabhängig von Industrieproduktion, Handel und Warentransport machen. Auf einfachste Weise könnten Gebrauchsgegenstände, aber auch die Plastikbestandteile anderer technischer Geräte in beliebiger Auflage schnell, einfach und kostengünstig hergestellt werden. Auch der Rohstoffbedarf des RepRap ließe sich zu einem hohen Anteil durch Recycling der hergestellten Plastikteile managen. Durch den weltweiten Informationsaustausch im Web wäre bald eine enorme Produktvielfalt abseits der jetzigen Realität copyrightgeschützter Markenartikel gewährleistet, die ständig weiterentwickelt und als Open Source weiterverteilt würden – die digitale Welt beliebig kopierbarer Daten würde durch RepRap in die Realität handfester Produktion übertragen.

Mit Technologien wie RepRap trifft Darwin auf Marx: Ein global verfügbares, beliebig vervielfältigbares Gerät zur Herstellung aller möglichen Produkte, das sich durch weltweite Informationsauslese stufenlos weiterentwickelt, würde die herrschenden Verhältnisse im globalen Kapitalismus wohl gründlich verändern.

Kommt die Revolution durch Evolution? Wir werden's erleben.