Empfehlung: Charles Stross: Glashaus

Der Schotte Charles Stross ist das Wunderkind der kontemporären Science-Fiction: Kaum ein großer SF-Preis, den der Autor in den letzten Jahren nicht zugesprochen bekommen hätte, und tatsächlich: Seine Bücher sind Ideenliteratur par excellence, mit intelligenten und verblüffenden Einfällen auf jeder Seite, solidem und spannendem Storytelling und einer gehörigen Portion an WItz und Humor.

"Glasshouse" , für das Stross den Prometheus-Award und eine Nominierung für den Hugo Award erhielt, ist ein besonderes Kunststück: Es beschäftigt sich mit Identität, Überwachung und - unserer Gegenwart, gesehen mit den Augen der fernen Zukunft.

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 Das titelgebende "Glashaus" ist ein sozialwissenschaftlich-historisches Experiment, dem sich im 27. Jahrhundert der Erzähler als Freiwilliger anschließt. Ziel ist es, das Leben in den "Dark Ages", vor der Entstehung der hypertechnologischen "posthumanen" Zivilisation, experimentell zu erforschen - das Leben an der Schwelle vom 20. zum 21. Jahrhundert.

Gefangen im Körper und der Rolle einer "typischen" Hausfrau in einer postindustriellen westlichen Gesellschaft, in einem Klischee von Vorortromantik à la "Desperate Housewives", findet sich der Protagonist in einer perfekten Überwachungsgesellschaft, die nur vordergründig dem Zweck dient, das Leben in den "Dark Ages" zu simulieren - ein ausgetüfteltes Experiment in gegenseitiger sozialer Kontrolle.

Die Fragen, die Stross in seinem kurzweilig zu lesenden Roman verhandelt, sind weit vom SF-Klischee entfernt - man möge sich vom fantasielosen Cover der deutschen Ausgabe nicht abschrecken lassen. Es geht um Identität, um soziale Kontrollmechanismen, um Geschlechter- und Körperpolitik.

Dabei ist besonders der Einfallsreichtum des Autors zu bewundern: Seit William Gibsons besten Tagen ist wohl kein Autor derart verschwenderisch im Umgang mit Ideen, Faktoiden, wissenschaftlichen Konzepten und satirischen Seitenhieben.

Kurzum: Eine fantastische Vision einer faszinierend neuartigen Zukunft, die außerhalb von Stross' Romanen "Accelerando" und "Singularity Sky"  ihresgleichen sucht, gepaart mit einer bitterbösen, aber spannenden und spaßigen Parabel auf das Leben im 21. Jahrhundert. Unbedingte Empfehlung auch für SF-Neugierige - und das ganz ohne Raumschiffe und Laserwaffen.

Kommentare

wort zum montag

"Bad day at the office?" "It's always a bad day at the office insofar as the office exists in the first place." Glasshouse

schönen montag!