Das Ende der Wende: Sic transit gloria Wolfi

Eingang zu Metternichs Gruft

Allerheiligen, auch bekannt als Gräberrallye, ist ein guter Anlass, um auf die Vergänglichkeit hinzuweisen. Egal, wie groß sich manche - ungeachtet ihrer Statur - fühlen mögen: Irgendwann ist's aus. Biologisch wie politisch. Das führt mich zu einer netten Abschweifung in die Geschichte, die mit der Gegenwart recht viel zu tun hat.

Alles hat einmal ein Ende - auch die Wende .  Diese bürgerliche "Vision" von Khol, Schüssel und Co., die in Wahrheit stets eine kleinbürgerliche, reaktionäre und höchstens noch vom Neoliberalismus modernisierte Variante des öden Anständigkeitsgestammels verzopfter Kerzerlschlucker und verklemmter Parteisoldaten war, klammert sich im Moment ja noch in Gestalt ihrer unsympathischsten Vertreter hartnäckig und verstockt an die letzten Futzerln Macht, die das böse und dumme Wahlvolk ihnen unverständlicherweise weggenommen hat.

Deshalb:  ein Blick in die Geschichte Österreichs. >>>

Metternichs FluchtGerade das Geschichtsverständnis der schwarzen Reichshälfte zeichnet sich ja durch teils bizarre Heldenverehrung aus - dass etwa für den Austrofaschisten Dollfuß nach wie vor in der Lichtenfelsgasse manche Kerzerl angezunden werden, kann man in Hinblick auf manche Regierungsprojekte durchaus glauben. Und sieh da: Dollfuß und Schüssel haben noch was gemeinsam: Beide wurden auf unschöne Weise mit der Schandbezeichnung "Millimetternich" ausgezeichnet. Und im Fürsten Metternich zeigt sich ganz exemplarisch, dass auch ein noch so großes Ego nicht für immer an den Hebeln der Macht verweilen kann: So vergeht der Ruhm der Welt. EIn kleiner Ausflug zum Abgang eines anderen konservativen Unsympathlers.

Clemens Wenzeslaus Lothar Paul Alfons von Metternich (geb. 15.5.1773 in Koblenz, gest. 11.6.1859 in Wien) dominierte eine Epoche, die durch und durch politisch-reaktionäre Züge trug. Spätestens nach dem Sieg über Napoleon wurde in vielen Staaten Europas versucht, Schritt für Schritt die Ideen der Französischen Revolution rückgängig zu machen. Das von Metternich im berühmt gewordenen Wiener Kongress entworfene Europa war gekennzeichnet von der Neukonstituierung der Höfischen Gesellschaft - nicht von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit. Mit Zuckerbrot (dem Vergnügen der Wiener Gesellschaft mit Walzer und Operette) und Peitsche (dem Staatsapparat mit Polizei, Spitzeln und Militär) sollte das Volk wieder in seine alte - vorrevolutionäre - Rolle gedrängt werden. Dies gelang für eine beachtliche Zeit zumindest oberflächlich - doch unter dieser Oberfläche gärte es.

 1848 musste Metternich, der für seine Zeitgenossen die Verkörperung des Konservativen schlechthin war, aus dem Dienst weichen und nach England gehen. Erst 1851 kehrte er wieder nach Wien zurück und starb hier am 11.6.1859. Noch heute liegt er zusammen mit seinen drei Frauen in der begehbaren Gruft der Wenzelskirche auf dem Klosterfriedhof von Plasy (Fotos: ES) begraben.

Und dieses Kloster samt Gruft, dazu bestimmt, den Ruhm des "Kutschers Europas" für alle Zeiten zu verewigen, zeigt heute deutlich, wie kurzlebig die Machtansprüche der großen und weniger großen Metternichs aller Zeiten sind. Verfallen, vergessen, abgelegen, ein historisches Kuriosum.

Klingelt's? Reaktionäre Familienideale - "weniger Partys, mehr Nachwuchs"-, der liebe Gott in der Verfassung und beim Wallfahrten nach Mariazell, Wissenschaftspolitik aus dem Biedermeier, herrschaftliches Von-oben-herab, Arroganz im Umgang mit dem dummen Volk? Den Millimetternichs unserer Zeit kann man allerdings nicht einmal kein so europäisches Format anrechnen wie Metternich selbst.

 Das Beispiel zeigt aber auch eins: "Wenden" gab's schon viele. Und alle waren begrenzt. Vielleicht wäre der Anblick der Metternichschen Grabstätte für einige ÖVPler, die jetzt noch mit allen Mitteln an ihren Stühlen kleben, ein heilsamer Anstoß zum Nachdenken. Es ist vorbei, Jungs, Mädels. Zurück ins Herrgottswinkerl.

Sic transierit gloria Wolfi.

Kommentare

Die Theoretiker des Not-Ausgangs!

Die Poesie von Tippfehlern ist wahrlich grenzenlos. Was blieb dem armen Nick Drake auch anderes übrig, als den Exitus selbst herbeizuführen - so unter dem Einfluss französischer EXITenzialisten. Danke hierfür Stefan und natürlich noch viel mehr für die wunderbare Musik. Es lebe die Existenz! Ohne sie gäbe es niemals so viele schöne Lieder über ihre eigenen Abgründe.

Ja, ja, die Exitenzialisten...

da hat freud wohl mitgetippt. hier in südtirol hat es unpassender weise immer noch ostinat blauen himmel - freilich bei minusgraden. aber nix mit winterstimmung - sogar der grabbesuch bei meiner großmutter war von gleißender helle überstrahlt... beklagen will ich mich freilich nicht. nur drängen sich mir unpassenderweise wanderlieder auf, so verlockend schaun die berge ringsum einher.

ich genieße das wetter, solange ich noch kann, morgen geht's zurück in die wiener suppe. und dann wird das herbstliche leidlich ausgekostet, bevor in knapp 2 wochen der weihnachtswahnsinn losgeht.

liebe grüße aus dem postkartenland, s

danke für ride on.

lieber stefan,

nachdem ich heute bereits 2 bonnie prince billy alben durchhatte war dein so umsichtig zusammengestelltes herbstspecial die krönung. danke für ride on, das hatte ich noch auf kassette und ich habe es g82ebt. und mit bonnie prince billy endet wieder alles. wenn ich die musik nicht hätte, ich glaub ich müßt sterben.

danke, moriz.

BONNIE 'PRINCE' BILLY im WUK

der Herr kommt am 22.06 ins WUK.
überlege hinzugehen ...

sonst noch jemand Interesse?

Ich komme mit!

genau die richtige häppy-peppy-musik für den sommer ;)
karten sollten bald besorgt werden. machst du? mach ich? macht wer anderer?

ich besorge die karten

bestellungen bitte hier oder per telefon