Thomas Glavinic: Wie man leben soll

        Ja, es gibt ihn - den neuen, jungen Werther des 21. Jahrhunderts!

Der von vielen gelobte, junge, österreichische Autor Thomas Glavinic, erschuff in seinem vierten Roman einen Anti-Werther namens Charlie Kolostrum. Ein junger, dicklicher, pickliger und schwerstens in das Erwachsensein hineingestoßener Mensch, der nebenbei einfach so auch ein paar Leute ums Leben bringt. Grundsätzlich will man allerdings einfach nur interessant sein für das andere Geschlecht. Dafür tut man einiges... >>>

Da wären wir gleich bei "man". Glavinic verwendet kein persönliches Fürwort für die Hauptfigur des Romans, und setzt an dessen Stelle das unbestimmte Fürwort man. Beispiel:

"Um etwas Draufgängerisches zu tun und sich selbst zu imponieren, was zuweilen eine katharsische Wirkung hervorzubringen imstande ist, sperrt man sich in seinem Zimmer ein. Depressiv ist man sowieso (...). Aus einer mächtigen Tasse trinkt man schwarzen Kaffee, obwohl man ihn ohne Milch und Zucker gräßlich findet und einem schon nach ein paar Schlucken speiübel ist. Man raucht filterlose Zigaretten. Selbstgedrehte wären eindrucksvoller, doch man hat nicht die nötige Fingerfertigkeit, sie herzustellen. So sitzt man da, starrt in die Dunkelheit, in der in regelmäßigen Abständen die Spitze einer teuflisch starken Zigarette aufleuchtet, und lauscht dabei der Led-Zeppelin-LP Houses of the Holy." (S. 21-22)

Interessant. Weiters sind im Roman Merksätze zu "Wie man leben soll" eingebunden. Zum vorherigen Beispiel dazugehörend: "Merke: wenn man mit schwarzem Kaffee und Zigaretten in seinem dunklen Zimmer sitzt, sehnt man sich sehr nach Jimmy Page."

Durch diese man und merke Sätze ergibt sich eine Satire, die ein ziemlich realistisches Bild der Gesellschaft aufzeigt. Hoch empfehlenswert!