Empfehlung - Robert Anton Wilson: Das Lexikon der Verschwörungstheorien

Jesus and da Boyz. Es ist amüsant, zu beobachten, wie gerade jetzt die Massen durch Dan Browns mäßiges Gralsgeschichts- Potpourri "Sakrileg" dazu verführt werden, sich mit Geschichte zu beschäftigen. Noch dazu mit Geschichte der Religion, wie sich anscheinend ja überhaupt die Beschäftigung mit dem Sakralen zum neuen, alten Breitensport mausert. (Wir von tamtam sind ja ebenso intern in Religionskriege verwickelt, wo sich die Agnostiker mit den Atheisten heilige Kreuzzüge schwören - DAS ist Brutalität.)

Jedenfalls, "The Da Vinci Code": Nicht nur, dass Forest Gump als Symbolologe (ja, Doppel-OL) im Gegensatz zu seinen realen Berufskollegen  NICHT als Taxifahrer und Aushilfskellner jobben muss, nein, auch Amelie höchstselbst treibt sich als leibliche Nachfahrin Christi durchs pittoreske Paris, um allerhand "Sensationelles" zur Geschichte des Heiligen Grals und anderer Esoterik-Favourites unters staunende Kinovolk zu bringen.

Just because you're paranoid don't mean they're not after you.Bild: Jesus and da boyz - was wirklich beim letzten Abendmahl abging.

Doch hier das Gegengift: "Das Lexikon der Verschwörungstheorien" von Robert Anton Wilson.

Denn: Die Aufregung ist verfehlt. Weder erzählt die Geschichte von Dan Brown Neues, noch das Altbekannte richtig. Wir großkotzigen linkslinken Intellektuellen verweisen in solchen Fällen gern mit gelangweilter Geste auf Umberto Ecos "Foucaultsches Pendel" , wo all die ach so schockierenden Anekdoten des "Skandalfilms" (News) schon vor über zehn Jahren zu einer ironischen Story über die Mechanismen von Verschwörungstheorien allgemein verwoben waren. >>>

Da Vinci Code geknackt! Wer's noch genauer haben will oder zB seiner Tante mal erzählen will, wie das WIRKLICH war mit den Templern, den Illuminaten (die hatten ja in Band 1 der Langley-Schmonzette von Dan Brown ihren sensationellen Auftritt), dem JFK-Attentat und UFO-Entführungen, der sollte sich günstig das überaus kompakte, lehrreiche und wahnsinnig unterhaltsame "Lexikon der Verschwörungstheorien" von Robert Anton Wilson zulegen.

Bild: Da Vinci Code geknackt - Leonardo war ein Jedi. 

Robert Anton Wilson ist kein Unbekannter: Als Mitautor der berühmt-berüchtigten "Illuminatus!"-Trilogie macht sich der Mann schon seit den lustigen Tagen der Hippizeit über Verschwörungstheorien und Kontrollfreaks lustig. Deshalb ist sein Lexikon auch gerade das richtige Gegengift gegen die grassierende Mystifizierungs- und Verdunkelungstendenz, die durch den Boom pseudoesoterischer oder schlicht effekthascherischer Machwerke wie "Sakrileg" wieder salonfähig gemacht wurde.

RAW im Vorwort: "Man kann keine noch so lächerliche und offensichtlich satirische Verschwörungstheorie entwickeln, als dass sie nicht irgendwelche Leute irgendwo glauben würden."

Er selbst amüsiert sich köstlich - und der Leser mit ihm. Von A-Albionic Consulting and Research über Conspiracy Nation, die Churchof the Sub-Genius bis hin zu Sprache als Verschwörung (interessant für Haasologen!) und schließlich ZOG (Zionist Occupied Government) reicht die Palette. Wissenschaftlich zitabel, vollständig, sehr lustig zu lesen und vor allem immer wieder für ein paar verblüffende Überraschungen gut: Kaufempfehlung!

Leseproben - und immer dran denken: Es gibt Menschen, die von der Wahrheit dieser Verschwörungstheorien überzeugt sind. Ich (und RAW auch) gehen davon aus, dass sie Erklärungsmodelle für die Realität sind, die von der Konsensrealität abweichen - zudem sind sie, so wie alle Realitätsmodelle, Fiktion. Na dann, auf gehts: 

   LAWCAP

Robert Anton WilsonLAWCAP nennt R. Buckminster Fuller unser gegenwartiges ökonomisch-politisches System: LAWyer-run CAPitalism (von Anwalten gelenkter Kapitalismus). Laut Fuller besteht LAWCAP aus den Managern der Weltfinanz, die entscheiden, wel­che Regierungen fur welche Projekte Geld bekommen und welche nicht. Regierungen schlagen etwas vor, LAWCAP verteilt; so kann man diesen Teil von Fullers Theorie zusammenfassen. Fuller sagt aber auch, dass LAWCAP auf einem grundlegenden mathematischen Irrtum von Thomas Malthus (1766-1834) aufbaut, der für die britische Ostindien-Gesellschaft arbeitete. Dieser bewies angeblich, dass die Zuwachsrate der Bevolkerung stets die der Rohstoffe übersteigt, so dass ein Kampf um das Lebensnotwendige (Essen, Unterkunft etc.) entstehen muss, der die Mehrheit der Bevölkerung zu Armut verurteilt und Wohlstand nur den schlauesten und räuberischsten Menschen ermoglicht.

Das Gegenteil ist der Fall, sagt Fuller. Die Technologie macht seit dem 18. Jahrhundert immer mehr mit immer weniger, erhöht so den Energiegewinn aus den Rohstoffen und erschließt gleichzeitig immer neue Rohstoffquellen. Die Wissenschaft  kann daher nicht nur die ganze Welt mit den zur Zeit bekannten Rohstoffen ernähren, sondern könnte auch jeden in Überfluss  leben lassen. Außerdem wachst eine Bevölkerung nicht dauernd, wie Malthus dachte, sondern bleibt auf einem bestimmten Level, sobald die Gesellschaft umfassende wissenschaftliche Planung anwendet. Kurzum: LAWCAP regiert derzeit die Welt und tut das sehr ineffektiv und schwerfällig, denn es basiert auf einem 200 Jahre alten Irrtum.

 
► David Rockefeller

David Rockefeller, Ehrenvorsitzender des Council on Foreign Relations und der Trilateralen Kommission, Eigentiimer der Chase Manhattan Bank und durch sie einer der Hauptaktionäre der Federal Reserve Bank, taucht in mehr Verschwörungstheorien auf als irgend jemand sonst seit Adam Weishaupt.

Selbst bei flüchtigem Hinsehen erkennt man die Rocke­fellers als Hauptakteure im Spiel der Macht. Schon 1890 raffinierte die Familie 90 Prozent der Roholförderung der Vereinigten Staaten; ihr Vermögen wachst seit dieser Zeit kontinuierlich. Ein Rockefeller, Nelson, war als Republikaner Gouverneur des Staates New York und Vizepräsident der Ver­einigten Staaten; ein anderer war als Demokrat Gouverneur von Arkansas. 1916 betrug das Familienvermögen 500 Millionen Dollar, damals eine astronomische Summe; 1930 gehörte ihnen ein substantieller Anteil an den Aktivposten der 40000 eingetragenen Firmen in den USA. Die Rockefellers besitzen heutzutage große Anteile an Exxon, am Rockefeller Center, an der Standard Oil of California, IBM und der Chase Manhattan Bank, zusatzlich zu ihrem Firmenwert von mehr als zwei Milliarden Dollar und Aktienpaketen in etwa 50 anderen Firmen. Sie haben außerdem die Aktienmehrheit in der City National Bank und besitzen Anteile an 50000 angeschlossenen Banken in mehr als 100 Landern. Klingt nicht schlecht? Die Rockefellers sind auch noch an den vier groBten amerikanischen Versicherungsgesellschaften bereiligt. Und sie haben genug Aktien, urn 37 der 100 größten Industriefirmen und neun der 20 größten Transportfirmen zu kontrollieren oder zumindest zu beeinflussen. Dazu kommen viele kleincre Firmen. 1993 gehörten David und andere Rockefellers zu den fünf Spitzenaktionären von 122 der größten und gewinnträchtigsten Firmen und Konzerne.

►   Trilaterale Kommission
Die Trilaterale Kommission, gegründet 1973 von David Rockefeller, hat das erklärte Ziel, ein »Beratungsgremium auf hoher Ebene für globale Zusammenarbeit« zu werden. Die Kommission hat etwa 100 Mitglieder, allesamt reich, mächtig und einflussreich. Der irische Pazifist und Nobelpreistrager Sean MacBride sagte, sie sei »von bestimmten, großen US-Banken gegündet worden und dient den finanziellen Interessen dieser Banken«.
Die John Birch Society hält noch viel weniger von dieser Kommission, wie viele andere Links- und Rechtsradikale auch. Drei US-Prasidenten gehorten zu den prominenten Trilateristen: Jimmy Carter, George Bush und Bill Clinton.

Kommentare

Jaja, die Wahrheit ist ein Hund.

Was ich aber als Buchverkäufer mich mittlerweile zu sagen getrau: Browns Werk wird von vielen Frauen gekauft, weil sie die Maria-Magdalena-Story (gefaked oder nicht) interessiert: erwächst so aus dem Ganzen am Ende noch eine Art Frauen-in-der-Kirche-Empowerment-Bewegung?

Wer lieber einen historischen Verschwörungsroman liest, dem sei die Handschrift von Saragossa von Jan Graf Potocki empfohlen - übrigens eines von Ecos Lieblingsbüchern. Übrigens, wie kommt's, dass ich als Spam-Schutz-Code immer 06660 eingeben soll? :)