Mike Patton Night, Krems

Donaufestival So, mit etwas Verspätung möchte ich euch noch ein wenig von der Mike Patton Night beim Donaufestival in Krems am vergangenen Freitag (21.04.06) erzählen. So viel gleich vorweg: es war ein großer Abend!
 

Mike Patton,  ehemals Faith No More - Sänger, nunmehr Vokalakrobat der feinsten Sorte, durfte diesen Abend gestalten und hat Bands nach seinem Gutdünken eingeladen - daher wusste man bereits im voraus, dass sowohl die Qualität, aber auch die Abgefahrenheit und die Experimentierfreude gesichert sind. Und genau da setzte bereits die erste Band, ZU , an. >>

Die drei Italiener am Schlagzeug, am E-Bass und am XXL-Saxophon (das Ding war praktisch so groß wie sein Herr, und der war bei Gott nicht klein!) bretterten mit gleich los mit ihrem .... äh ... Hard-Jazz? Grindcore? Brachial-Funk? Erinngerungen an Herrn Zorn werden wachgerüttelt... Tolle Band, schade dass ich beide Konzerte im rhiz verpasst habe!

Und das selbe Gefühl gleich nochmal bei Bohren und der Club of Gore : schade, dass ich ihren Gig im B72 nicht miterleben durfte. Hier umso mehr, da diese Musik eindeutig besser in einem kleineren intimen Rahmen vorgetragen wird, und sich nicht wirklich für eine große Halle eignet (permanentes Stimmengewirr im Hintergrund und somit in der Fast-Leere, die sich zwischen den zeitlupenmäßig gespielten Instrumenten der vier Jungs immer wieder eintritt. Ansonsten aber ein sehr tolles, kontemplatives Konzert. Und trotz der schwer depressiven Musik sind die Bohrens selber doch recht witzige Zeitgenossen: der Abschiedsgruß endete mit "... tja, was soll man sonst noch sagen.... fröhlich bleiben!" - und das waren wir dann auch!

Denn die folgenden Taraf De Haidouks waren alles andere als Kinder von Traurigkeit: Die Taraf De Haidouks, ein dreizehnköpfiges Roma-Ensemble aus Rumänien, die in den letzten Jahren zu einiger Berühmtheit gelangt sind, heizten dann ganz schön ein - Bucovina Club wird da zum lahmen Clubbing degradiert.

(c) by Florian Wieser Anschließend der, wenn man so will, "Hauptact" und wahrscheinlich für die meisten DER Grund, nach Krems zu kommen: die Fantomas -Melvins -Big Band - und wer hier der Chef ist, war sofort klar: Links an der Bühne fanden die beiden Schlagzeuger der Big Band Platz (und einer davon Dave Lombardo , einer meiner Drum-Götter - freufreu!), die Gitarristen und der Bassist hinten aufgereiht wie ein Schulchor, und rechts vorne hinter seinem Kaos-Pad - und FX-Pult: "General Patton" himself. Nach langem, getragenen Intro endlich - quasi als Erlösung - die erwartete Kakophonie aus zwei Drums, zwei Gitarren, einem Bass und v.a. Mike's Gekreische: und welch ein Unterschied zu meinem ersten Patton-Live-Erlebnis (Angel Dust-Tour '92)! Damals noch klare Intonation von Lyrics, heute Lautmalerei. Damals Rumgespringe und Wälzen am Boden, heute Bulldog-artiges Lauern-und-dann-schnell-Zubeißen. Faszinierend, wie die Kommunikation in dieser Band erfolgte: meist war es Patton, der die einzelnen Musiker zu nur wenige Sekunden kurzen Instrumental-Attacken aufforderte - dabei auf der Lauer liegend wie ein angepirschter Puma -, die er verbal untermalte. Zwischendurch schlichen sich sogar tanzbare bzw. headbangbare Passagen ein, insgesamt aber war die Haupttätigkeit des Publikums eher hören, schauen und staunen.

Wenig zu tanzen gabs dann auch bei Autechre: die beiden englischen Pioniere der IDM sind allerdings eh nicht als Tanzbogenfeger bekannt; sitzen und hören sind da besser angesagt - und um 2 Ühr früh, al Fantomas die Bühne für Autechre frei gaben, hätt ich auch lieber gesessen. Der Funke wollte hier nicht ganz überspringen, was auch an meiner Müdigkeit gelegen haben mag. Die Tatsache, dass es keine optischen Reize gab (Laptop-Schrauberei im kompletten Dunkel) verstärkte dies noch zusätzlich. Es war bei Gott nicht schlecht! und es war ein passender Ausklang für diese tolle Nacht! Aber auch hier gilt wohl dasselbe wie bei Bohren und der Club of Gore: keine Band für große Konzerthallen.

Fazit: eine abwechslungsreiche, anspruchsvolle Reise durch verschiedenste Genres und Generationen von Musik. Ein extrem fairer Preis (22,-) und eine tadellose Organisation (keine Wartezeiten oder Platzprobleme beim Eingang, Klo, Bar). Achja, fast hätt ichs vergessen: Mouse on Mars beschallten die Lounge mit einem Electro-Breaks-Dj-Set, das zwar sehr feine Tracks enthielt, aber vom handwerklichen her (sprich Mixing und Beatmatching) enttäuschend war. Dennoch: die Stimmung war da, es wurde getanzt, und beim Rumsitzen ist es dann auch nicht sooo wichtig. 

Danke Mike Patton, danke Krems, danke Donaufestival. Bis zum nächsten Mal... 

Kommentare

klingt nach tollem abend

schad, dass ich nicht dabei war, aber in krakau war's ja, wie angesprochen, auch sehr fein. die mischung patton - bohren - autechre allerdings ist etwas seltsam. war klar, dass die deutschen edel-trantüten und die verkopften soundmikroskopeure gegen mr. patton arg verschnupft aussehen würden!

Schön war's...

Na ja, stimmt, für Bohren war's etwas zu groß angelegt. Autechre wollte offensichtlich schnell nach hause, so richtig hat's nicht geknallt (bin eingeschlafen). Meine persönliche Überraschung: ZU! Ein Tier von Drummer, und die perfekte Antithese zu Bohren.
Tu mir aber die Melvins nicht unterschätzen, lieber Schlo! Klar: Patton war der Frontmann, aber die Melvins allein können das fast genau so gut. Und diese präzision... Hach.

Noch eins:

Mouse on Mars waren eine mittlere Frechheit. Nachdem ich sie schon im Flex live gesehen hatte (mit dem formidablen Drummer/Sänger Dodo Nkishi) war das Traktorgedudle am Patton-Abend wirklich unter aller Sau. Wie Schlo schon sagte, nicht trackmäßig, von der Performance her aber auf jeden Fall.

super zusammenfassung...

lieber schlo. zu meiner eigenen überaschung haben mirs die rumänischen taraf de haidouks extrem angetan. reduziertes gefiedel mit hackbrett, flöte, akkordeon und geigen. total geil!
und: exaktere gitarren- bass- und drumriffs als bei den melvins unter "anfeuerung" von mike patton muss man erst einmal sehen. GROSSES KINO!!!!

naja

senf: also, der abend war nett. musikalisch gesehen hat mich leider nichts in euphorie versetzt. trotz wohlwollender zustimmung zu bohren, war leider die "gesprächskulisse" zu laut. ich will dann doch lieber ruhig sitzen. und die anderen, naja. ein hoch an die location, die dann sehr gut über musikalische mißverständnisse meinerseits, hinweg geholfen hat! fröhlich war ich!

auch die begleitung

will ich noch lobend erwähnen. war ja quasi ein tamtam-ausflug (moriz, risa, stefan, olaf,...).
@stefan: wollte die fantomas nicht unterschätzen, das "wer der chef ist" bezog sich nicht auf qualitative unterschiede, sondern rein auf das arrangement und die kompetenzen in der band: und da war patton halt voll der chef. außerdem hatte ich den eindruck, dass er am meisten mit d.lombardo kommuniziert hat. und ich muss gestehen: ich kenn die melvins alleine kaum... (jaja, ich stell mich eh schon brav in die ecke!)

ach autechre...

jetzt hab auch ich sie live gesehen. zur steigerungsstufe, "aber ich, hab mit autechre bier getrunken" - dazu kams dann nicht - obwohl, muss sagen, solche sympathen sinds ja dann auch wieder nicht ;) der abend war insgesamt sehr super, sympathische location, gute organisation, sehr nette leute, wovon man ausgehen kann, wenn tamtams ausrücken, und vor allem wieder mal KONZERTE!!! und dann gleich 5 hintereinander, wiewohl ichs nicht mehr so dersteh wie damals mit 23. naja, wenigstens hatte ich keinen gig-stress. mouse on mars in der lounge waren sowieso nichtssagend. meine highlights waren bohren und autechre. zu letzteren möchte ich sagen, dass ich hier jedoch recht gemischte gefühle habe. auf der warp-homepage steht: "Autechre will be bringing their mind blowing live show to Europe this April, playing two shows in Ireland and appearing at festivals in Spain and Austria." statt der mind blowing live show hatte ich eher den eindruck eines recht gleichförmigen, konservativen sets, der sound war aber trotzdem genial und die erleichterung, mal vor ihnen gestanden zu haben, überwiegt halt dann doch. ach autechre.

tja, autechre neuerdings...

also, ich will ja hier nicht den "früher war alles besser"-opa-schmäh raushängen lassen, und ich fand autechre im porgy & bess vor einigen jahren schon noch sehr super. und überhaupt: das "schwarze album" tri repetae. die wunderbar geniale weiße ep7. amber - bitte!! und dann? irgendwie fang ich mit den letzten werken der engländer nimmer wirklich viel an. etwas zu viel kopf und zu wenig bauch, in my opinion! ach, vielleicht ham mir auch nur die hiphop-beats die rübe verkleistert und die jungs schaffen's nicht mehr, mich freizufrickeln. apropos: Blockhead [URL=http://www.discogs.com/artist/Blockhead](hier bei Discogs)[/URL] ist ne empfehlung wert. folgt uU. bald. sobald ich nicht jede stunde einen liter schleim absondern muss. mahlzeit!