Reality Cracking Werbung: Geschlechtsverkehrssicherheit

Vor einigen Jahren haben sich die Werber der Erste und Volksbank ja bereits dem Poppen zugewandt, um den vermeintlich unerotischen Geldgeschäften den nötigen Pepp zu verleihen, wir erinnern uns: Folksbank, mit F wie Ficken .

Dieser Tage erbarmt sich erneut ein an sich fälschlicherweise als unsexy geschmähter Wirtschaftszweig unserer an Sexdarstellungen ohnedies kargenden Medienwelt und bietet ein koitales Tableau als Zeitungssujet, in dem Liebe, Sex und Zärtlichkeit, aber auch der mahnende Zeigefinger nicht zu kurz kommen - und das auf leichtfüßige, um nicht  zu sagen - hüstel - spritzige Art und Weise.

Ja, hier wird endlich einmal vorgemacht, was selbstbestimmtes Frausein in heutiger Zeit bedeutet. Man ist modern, wie die geradezu skandalöse Girl-on-top-Stellung andeutet - übrigens eine grandiose Übertrumpfung des Folksbank-Spots, in dem die schwarze Bank brav die katholisch verordnete Missionarsstellung thematisierte. Da soll noch einer sagen, es gäbe keinen Fortschritt!

Und auch der nur vermeintlich auf längst überwundene Klischees verweisende Bildtext, nachdem die Icherzählerin ihr unvermeidliches Schicksal, von "ihm" für eine Jüngere verlassen zu werden, betrauert, ist im wirklich frechen und sofort das nur etwa 20mal größere Hauptbild relativierenden Kleingedruckten geschickt umgedeutet:

"Nicht weil er ein Schwein ist. Nicht weil ich so schrecklich bin. Sondern einfach statistisch gesehen." Na bitte, ein derart selbstbewusstes Umgehen mit dem Dasein als Wegwerfartikel ist garantiert ein Zeichen höchster Emanzipation. Und weiter gehts: "Weil wir heute so sind. Die ständige Suche nach dem Glück, die fanatische Faszination mit dem Äußeren, mit dem Jungsein, das macht uns rastlos, auch in Beziehungen. Irgendwie traurig, irgendwie auch gut."

Jawohl,genau so geht man heutzutage als ausreichend abgehärteter Mensch irgendwie mit dem Leben um, falls man irgendwie hin und wieder dazu kommt, sich über irgendsowas irgendwann Gedanken zu mache. Oder so. Doch Halt! Die treffliche Momentaufnahme aktueller Gleichgültigkeitscoolness wird abgerundet mit einem Schluss, der all jenen Kleingeistern das Wasser abgräbt, die hier die Sexismuskeule schwingen wollen: "Vielleicht bleiben wir ja zusammen. Vielleicht lerne aber auch ich wen anderen (sic) kennen. Wir werden sehen. Wir werden sehen ..."

Derart nachdenklich, selbstbewusst und stark lässt der innere Monolog der gerade noch penetrierten Melancholischen gekonnt jene lässige und absolut zeitgeistige Wurschtigkeit glänzen, die man sich als moderner Mensch heute leisten kann, WENN! ja, wenn man anständig versichert ist. Ha! Erwischt. Denn statistisch gesehen kratzen wir alle irgendwann ab, bekommen wir 1,3 Kinder und sind eine übergewichtige Bande, die zu viel fernsieht und von der Werbung für Vollpfosten gehalten wird. Statistisch gesehen. Irgendwie.

Als Mann kann man sich dabei übrigens entspannt zurücklehnen. Toll, wie das Verständnis für den anderen in modernen Beziehungen diese selbst überdauert! Und das direkt nach dem Poppen - man staunt.

Darum denken auch wir, liebe Leser, beim nächsten Intimkontakt mit unseren Liebsten noch vor dem Eintrocknen der Körpersekrete daran, welch unerfreuliche Tatsachen uns die Statistik wohl vorhersagen mag und verwenden wir eine Minute vor dem Einschlafen darauf, darüber nachzudenken, welche Zusatzversicherungsprodukte des Löwen uns wohl davor Schutz bieten mögen.

Ja, Ehre, wem Ehre gebührt: Nach dem Bankgeschäft ist nun auch das Versicherungswesen werbungstechnisch  endgültig unter die Gürtellinie gewandert. Meiner Einschätzung nach befindet es sich nun allerdings nicht vorne, im Schambereich, sondern eher hinten, direkt unterhalb des Steißbeins. Sozusagen unter den Flügeln des Gluteus Maximus.