MANA - partizipatorisches Fördervergabemodell von netznetz

Selbständig, basisdemokratisch und partizipatorisch über die Vergabe von öffentlichen Förderungen für Netzkultur-Projekte entscheiden? Klingt gut? Netznetz probierts mit seinem Projekt MANA: für Dikussionsstoff ist jedenfalls bestens gesorgt…

MANA: so nennt sich das neue „Community Game“ der Initiative Netznetz. „Game“ deshalb, weil ein spieltheoretischer Ansatz in Software umgesetzt wurde, mit der die Wiener Netzkunst-Community selbständig und egalitär über die Vergabe von Fördermitteln entscheiden kann.

Von der Kulturabteilung der Stadt Wien (MA7), die bisher über die Vergabe von Förderungen für von Film, Video und Neue Medien entschied, werden für 2006 pro Halbjahr je 125.000 Euro bereitgestellt. Netznetz hat dazu ein Modell entwickelt, bei dem die Akteurinnen und Akteure durch die Vergabe von Punkten, die jeder bei der Registrierung automatisch und in zufälliger Verteilung erhält, andere (oder auch eigene?) Projekte und/oder Aktuere „voten“ kann und somit über die Verteilung des monetären Kuchens mitbestimmen kann.

Gestern, 20. Februar, war im Depot in Wien die Präsentation von MANA. Leider wars mir aufgrund meiner Verpflichtung hinter der Bar nicht möglich, die Präsentation ganz mitzuverfolgen, jedoch hab ich von der (bis 3.30 h andauernden) Diskussion vor der Bar und an den Tischen einiges mitgekriegt. Und bereits die Länge der Diskussion zeigt, wie kontrovers dieses Modell ist.

Hauptkritikpunkte, die ich mitgekriegt habe, sind:

• Unklare Definition der „Community“: sind das Alle, oder eh nur die üblichen verdächtigen? Und wer entscheidet, wer mitmachen darf und wer nicht? Die Aussagen dazu sind tlw. Widersprüchlich: einerseits sollte bloße Registrierung mit einer personalisierten Email-Adresse ausreichen, andererseits registriert der Interims-Koordinator Stefan Lutschinger (s.lutschinger@digitaldrafts.at), wodurch er sich den Vorwurf, wieder ein institutionalisierter Kurator zu sein, eingehandelt hat.

• Die „Softwareisierung“ von Kumpanei und Freunderlwirtschaft: durch das Voting für andere (und auch eigene) Projekte und Personen sind jene, die bereits in der „Community“ etabliert sind, bevorteilt, während es für neue, unbekannte Künstler schwer sein wird, eine Audience und Punkte zu bekommen

• Win-Win-Situation für die MA7 bzw. Hand-in-Unschuld-Waschen: geht das Projekt schief, kann die MA7 ihre eigene Existenzberechtigung betonieren und evtl. weitere Forderungen nach Mitsprache und Beteiligung leichter ablehnen. Geht das Projekt gut, kann die MA7 die Lorbeeren einheimsen.

• Entziehung der politischen Verantwortung und Entscheidungslast: alle beteiligten Aktuere (MA7, netznezt und die „Community“) haben keine Verantwortung zu tragen, da die Entscheidung ein Software-Algorithmus trifft bzw. jeder, also niemand.

• Der Entscheidungsalgorithmus ist nicht unbedingt nachvollziehbar. Außerdem wird das an alle User vergebene Punktebudget anhand einer Gauß’schen Glockenkurve verteilt, was nicht unbedingt dem egalitären Anspruch entspricht (argumentiert wird dies, dass auch in der realen Welt politisches Wissen und Engagement nicht gleich verteilt sind).

• Das Spiel funktioniert nur dann gut und problemlos, wenn alle Akteure wohlwollend handeln. Es gibt aber (anscheinend) „böswillige“ Strategien, die das Spiel zerstören könnten, ohne dass im Spiel Möglichkeiten zur Sanktionierung solcher Strategien bzw. deren Anwender bestehen.

Nun gut, soweit also die von mir beobachteten Kritikpunkte. Was man allerdings nicht vergessen darf ist, dass das ganze doch einen Experimentalcharakter hat und ein Versuch, partizipatorische, basisdemokratische Mitbestimmung über Fördermittel zu etablieren schon mal per se nicht schlecht ist.

Wichtige Termine in nächster Zeit:

• bis 26.03.06: Registrierungsphase für MANA Community Game

• 15.03.06: Konzeptauswahl/Präsentation für die Annual Convention im September 06 (im Depot, Breite Gasse 3, 1070 Wien)

• 03.04.06: Wahl/Präsentation des Backbone-Projekts (im Depot, Breite Gasse 3, 1070 Wien) und Start der ersten Votingphase

Weblinks:

http://mana.netznetz.net  

http://www.malmoe.org/artikel/funktionieren/1079 (Pro-, Contra- und Meta-Artikel sind darin verlinkt)

http://www.wien.gv.at/kultur/abteilung/foerderungen/foerdermodell.html

Kommentare

oh ja - ist sehr feiner sound - thanx für releasen...
langsam wär mal eine gesammelte playlist - also stream-link mit mehreren releases - eine nette sache... tamtam-streamen für faule... 8) :p :grin - traffic hast ja genug frei ... :roll ;)

geile sachen, die da auf tamtam released werden! mehr von minimal dark ambient!!!! und congratulations zum herrlich gelungenen cover!

wau!