Dichand tot

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Ich habe es öfter mal gesagt: Wenn Hans Dichand tot ist, wird sich vielleicht etwas zum Besseren ändern in Österreich.

Jetzt ist es so weit. 89 Jahre alt geworden, von denen er fast 50 Jahre das Hirn vieler Mitmenschen aufs praktische Kleinformat gebracht hatte. Man hat's manchmal vergessen, wie niederträchtig, wie provinziell, wie heimtückisch und hinterfotzig dieses Blatt ist, weil man die Krone - ich weiß es von mir, und den meisten von euch gehts wohl genau so - so gut wie nie tatsächlich gelesen hat. Beim Friseur vielleicht, im Cafe, in der Ubahn. Wenn man sie selten gelesen hat, konnte man es vielleicht vergessen, und die Ablehnung dieser Zeitung als gewissen Elitarismus betrachten, als Übereinkunft, als Herabblicken auf den "Mainstream". Soooo schlimm kaonnte es ja doch nicht sein.

Doch.

Wenn ich  sie dann hin und wieder mal doch aufschlug und tatsächlich las, war ich immer fassungslos. Über die unverhohlene Fremdenfeindlichkeit, über den beschissen kleingärtnerischen Mir-san-mir-Geist, über die faschistische Law-and-Order-Folklore, über das konstante Anti-Europa-Gebrülle.

Vor allem darüber, dass so ein großer Prozentsatz an Menschen dieses Landes tatsächlich glauben, SO sehe eine Zeitung aus, dass es ganz normal sei, dass überall Kampagne und Tendenz ist, dass die Krone wirklich informieren statt indoktrinieren wolle. Und die Leserbriefe. Der dumpfe Spiegel der dumpfen Hetzer, die sich gegenseitig narzisstisch zuriefen, wo es lang geht in diesem kleinen Land, das nur uns gehört, und alle, denen das nicht passt, sollen sich schleichen.

Menschen, die so denken wie die meisten Leserbriefschreiber der Krone, sollen nicht durch das größte Medium des Landes unterstützt werden. Sie sollten sich schämen und bei Bedarf psyhologisch betreut werden.

Man sagt so etwas nicht: Aber gut, dass Dichand tot ist. Ich atme auf. The witch is dead.

Hier ein richtiger Nachruf, der alles sagt, was zu sagen ist . Ein Auszug:

"Dichand ließ den ehemaligen Nationalsozialisten Viktor Reimann 1976 eine Schmähserie über Österreichs Juden schreiben, die gerichtlich verboten wurde. Er versuchte 1982 mit einer massiven Medienkampagne die Todesstrafe in Österreich wieder salonfähig zu machen. Er unterstützte die grün-nationale Hainburg-Bewegung aus miesen Blut-Heimat-Boden-Gründen (und nicht als Engagement für den Dammhirsch und die Auschnepfe), er schrieb den Nationalsozialisten Jörg Haider in den Himmel, nur um ihn wegen Schüssel wieder fallen zu lassen. Dichands wenige Misserfolge (Hainburg-Volksbegehren, Schüssel-Gegnerschaft) beweisen: Dichand tat das Meiste aus Überzeugung. Das halte ich für bewiesen. (...)  Mit Hans Dichands Tod ist der zweite Weltkrieg auch in Österreich zu Ende gegangen. Sollte irgendwer trauern, dann ist mein Mitgefühl mit ihm, wie mit jedem Trauernden. Ich glaube, um Dichand trauern wenige. Ich sicher nicht."

Vielleicht wird dieses Land jetzt ein bisschen normaler, europäischer. Ich hoffe es.  Weiterlesen »

Fußball, völkerverbindend

Okay, die Vuvuzelas  tragen jetzt nicht grade dazu bei, die Freude an der südafrikanischen Kultur zu entdecken, aber das vermehrte Medieninteresse für den schwarzen Kontinent sehr wohl. Fantastisch wie immer dabei die letzte Folge von arte Tracks, die sich ausschließlich der Musik- und Kunst-Szene in Südafrika gewidmet hat; für kurze Zeit noch hier iom arte-Archiv anzusehen. Eine ziemliche Wundertüte, das Ganze.

Neben der unvermeidlichen Antwoord  ist mir dabei besonders Inge Beckmann ins Auge gestochen, die an obigem Fiolm, soweit ich das verstanden habe, musikalisch beteiligt war. 

Ansonsten bin ich grade dabei, hier keine Wortmeldung zur Covergestaltung  samt Titelstory des aktuellen Falter abzugeben. Nur so viel: Dass AT sein weniger als viertellustiges Diktum von den Meerschweinchen  sozusagen traditionsgemäß auch hier wieder als Dauerprovokation vor sich herschwenkt, sagt eigentlich so ziemlich alles über den bedauernswerten Geisteszustand der  angeblich besten Stadtzeitung Europas in Belangen der digitalen Kultur aus. 

Ironie am Rande: Da die Falter-Homepage  ja bekanntlich nach wie vor die Ambition hat, die Style-Großtaten des Jahres 1989 zu perpetuieren und selbstverständlich nie & nimmer niemals nicht mehr als das absolut Notwendigste gratis und ohne Bezahlung im Netz den gierigen Alles-umsonst-Parasiten (that's us, babies!) in den Rachen werfen würde, gibts den Text von Thurnher-Versteherin-aber-iPhone-und-Twitter-doch Ingrid Brodnig selbstverständlich nicht online für lau - DAS WÄR JA NOCH SCHÖNER! - , sondern nur auf toten Bäumen, bis er nach Verkaufsschluss nächste Woche dann exklusiv in der Nationalbibliothek aushebbar wird..

PSSSSST! He! Auf Brodnigs Blog  gibts ihn aber doch. Insubordination durch die Hintertür - weil der Chef merkts eh nicht? Whatever.

tröööööööööööööööööööööööööööööööööööö

annoyed1.jpgErst zwei Tage alt, die WM, und schon ein Aufreger. Wer auch nur eine Minute der bisher stattgefundenen Spiele gesehen hat, hat's bemerkt: Die "Vuvuzelas", jene Plastiktröten, mit denen vornehmlich südafrikanische Fans (aber wohl auch genug andere angereiste) im Stadion "Stimmung" machen, gehen einem nach ca. 20 Sekunden mörderisch auf den Sack.

Der erste Aufreger der WM, zumindest im digitalen Feuilleton. Denn auf die ersten Beschwerde-Kolumnen folgen sofort quasi automatisch rassistische Postings ("Die sollten sich in ihre Reservate zurückziehen, sich dort gegenseitig anblasen, aber uns in Ruhe lassen!", hier ), daraufhin Vorwürfe ,  man würde diese Fankultur nur deshalb verachten, weil sie von Schwarzen gepflegt wird und als Retourkutsche darauf dann wieder Verschwörungstheorien , warum die FIFA die Dinger nicht verbietet.

Inzwischen gibts sogar einige Online-Petitionen , mit denen die Fans "ihre"  WM Vuvuzela-frei machen wollen. Mal sehen, ob man sich noch dran gewöhnt.

Was ich neben dem stupide monotonen Dauergetröte noch bescheuerter finde, sind aber jene Kleinhirne, die mit ihren Laserpointern auf das Feld, den Ball und die Spieler leuchten. Wer so was macht, sollte sich das Ding zur Strafe selbst ins Auge stecken. Weiterlesen »

tamtam gaming: Icycle

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Jawoll, jetzt ist GENAU der richtige Zeitpunkt, um auf Icycle zu verweisen, ein stylisch gemachtes Flash-Spielchen, das die gefühlte Zimmertemperatur um ein paar Grade fallen lässt. Und in Tagen wie diesen zählt ja wohl jedes bisschen.

Man radelt mit einem halbnackten Glatzenträger auf einem Minifahrrad durch die neue Eiszeit. Mehr braucht man dazu nicht zu sagen, und auch der Screenshot, der alleine schon Abkühlung verschafft, spricht Bände. Mal ehrlich: Wer so gekonnt Hokusai zitiert , kann kein schlechter Mensch sein. Play! Weiterlesen »

Noch ein Soundgeschenk...

Jaja, die WM bringt interessante musikalische Blüten zutage... weil ich (wie der admin, scheint's) fußballerisch ebenfalls Quasi-Analphabet bin, hier südafrikanisches Kontrastprogramm von unseren Lieblings-Afrikaanern Die Antwoord. Mit dämlichen Hüten, dem fetten Cousin von Freddy Krüger als Gast-MC und gscheid prollig. Meine persönliche WM-Hymne 2010.

Sind übrigens am 18. August in der Pratersauna zu bewundern.

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Soundgeschenk: HocusFocusPocus

Ans hat kürzlich den Link zum Originalvideo in die Shoutbox geschrien (Danke für diesen Link, Bro!) - auch das sollte nicht in der Shoutbox untergehen! "Hocus Pocus" von den niederländischen Prog-Rockern Focus aus dem Jahr 1971 -  abgefahrene Instrumental-Psychedelicrock-Jodel-Mukke.

Nike hat diesen Track in ihrem aktuellen Werbeclip zur Fussball-WM verwendet. Geiler Song und, wie ich finde, auch sehr geiler Videoclip, dens hier in der extralangen Story gibt: mit Drogba, Cannavaro, Rooney, Ronaldinho und Christiano Ronaldo - die Creme de la Creme also.

Zuerst das Original, aber in flottem Live-Tempo:

Hier im Nike-Clip:

Möget ihr nun alle voller Vorfreude die letzten ruhigen Tage genießen...!  Weiterlesen »

Isolated Building Studies

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Falls hin und wieder betäubende Leere im Gedankenstall vorherrschen sollte, was denn bitteschön an Kreativem nicht doch irgendwie ohne eben fetten Aufwand drin sein muss: Isolated Building Studies  auf Flickr zeigen, dass man ja echt nur einfach immer dasselbe fotografieren muss, nur halt jedes mal woanders. Die hohe Kunst der kunstlosen Dokumentation, wie schon so schön von den Großen der Fotogeschichte, dem Ehepaar Becher,  vorgemacht.

Around the world

Montag! Und ob Montag auf der ganzen Welt gleich Scheiße ist, könnte man auch mal erörtern. Dass Sonntag weltweit ganz verschieden, aber recht idyllisch abläuft, verdeutlicht dieses Experiment auf reddit: Mit dem Titel "Describe your current setting"  hat Redditor gripper gestern über tausend Nutzer der Social-Bookmarks-Seite dazu gebracht, eine Momentaufnahme ihres Sonntags in den Kommentaren zu posten.

Besser lässt sich der verblüffende Gleichzeitigkeitseffekt des Internet weltweit fast nicht darstellen. Als würde man Twitter auf eine einzelne Seite einebnen - ein Querschnitt durch ziemlich viel vom ganzen Planeten, von Moskau über Kairo, Vietnam, Bangladesh, Südafrika, den USA,  Europa etc etc. Faszinierende Montagslektüre!  Weiterlesen »

Laughing Buddha

Zu schön, um's in der Shoutbox verkommen zu lassen. A moment of clarity. Ansteckend. Weiterlesen »

How to Destroy Angels

Nach längerem Schweigen zeigt Mr. NIN wieder Flagge. "How to Destroy Angels" ist das neue Projekt von Trent Reznor, und der erste Videobote ist eine beeindruckende Hommage an David Lynch.

Und Trent Reznor macht keine Gefangenen, sondern zeigt der Musikindustrie wieder mal den Stinkefinger.  Die ganze EP gibts GRATIS zum Download hier