Instandsetzung Strudlhofstiege 2008-2009
Die Tiefe der Jahre
1951 veröffentlicht, führte das Werk seinen Autor zur Bekanntheit, zweifellos traf Doderer den Geschmack der Leser zur Nachkriegszeit, spielt die Handlung doch in der K & K bzw. Zwischenkriegszeit, der Erste Weltkrieg fungiert am Rande der Zweite bleibt in der Geschichte unerwähnt.
Will man den ambitionierten Versuch unternehmen die Story nachzuerzählen, stellt sich ein relativ langweiliges hin und her ein, dass sich über Dezenien erstreckt, mit vielen Erzählsträngen die manchmal versanden und daher am Ende nicht alles inhaltlich zusammenläuft.
Doderer allerdings, hat Anker ausgeworfen. Beschreibungen die sich bei deren Imagination verselbstständigen - eine Eigendynamik entwickeln...
Mary K beispielsweise, eine Figur die erst am Anfang, und dann achthundert Seiten später wieder vorkommt:
An einem Vormittag in den 1920er Jahren nimmt sie morgens ein Bad, allmählich bekommt sie das Gefühl, der Tag hätte damit bereits seinen Zenit überschritten.
Am Fauteuil sieht sie aus dem Fenster ihrer Wohnung, in die Porzellangasse, hin zum nahegelegenen Bahnhof und beobachtet wie Taxis, die vom hinteren Ende der Querstraße, in der Warteschlange lautlos nachrücken, wodurch immer das Erste (vorderes Fahrgestell) und das Letzte (hinteres Fahrgestell) sichtbar ist.
Ein Anblick monumentaler Langweiligkeit, ein Automatismus, in seiner Erscheinung einem dauernd Tropfenden Wasserhahn bzw. einem Paternoster-Aufzug nicht unähnlich.
Dieses gleichmäßige Abfädeln gehört seit Jahren zu den Selbstverständlichkeiten in Marys Leben.
Melzer, ein K & K Major, der mit Mary zusammen war, eine Heirat lies sich nicht mit seiner militärischen Laufbahn zusammenfügen, wegen notwendiger Auslandsaufenthalte, in Bosnien beispielsweise.
Ebendort passiere ihm essentielles: Bei der Bärenjagd, die glücklos verlief, sah er eine Schlange die sich vor seinen Füßen im Schnee dahinwand.
Dabei setzte sein Denken aus - verabschiedete sich in dieser Situation. Sein Wesen schien, wie das Tier nur aus Instinkt zu bestehen, ein wohliger Zustand, war er doch seit seiner Abfahrt, etliche Tage zuvor, vom Südbahnhof andauernd in Gedanken über eine versäumte "Garden Party" und mit unbestimmten Gefühlen von Frustration konfrontiert.
Jahre später sollte der Major einen jungen Mann kennenlernen dem im Augarten-Tennisclub exakt dasselbe wiederfahren ist - die Basis einer soliden Freundschaft.
In den 1920ern ist Melzer ein Amtsrad geworden, der sich ähnlich wie Mary K, in der Porzellangasse gemütlich eingemietet hat.
Abends liegt er am Boden auf seinem selbstgeschossenen Bärenfell aus Bosnien.
Licht spendet eine, in der Mauerwand, niedrig angebrachte Kandelaber-Lampe, in deren Schein Melzer bei türkischen Kaffee und Kef (Tabak) in seinen "Denkschlaf" fällt, der regelmäßig unterbrochen wird durch "äolische" Geräusche der draußen vorbeifahrenden Straßenbahn, wodurch sich viele seiner Träume in den Wachzustand hinüberretten.
Der Namensgeber des Buches, Die Strudlhofstiege, wird derzeit bis Sept. 2009 renoviert (die Kandelaber-Leuchten sind abmontiert), der Zickzackverlauf der Treppenanlage symbolisiert den wendungreichen Lebensweg der Akteure einerseits, andererseits fungiert sie als Bindeglied zwischen den verschiedenen Gesellschaftschichten -
Oben die Innenstädter - Unten die Vorstädter
In Analogie dazu ist Melzer ein ähnlicher Knotenpunkt zwischen Ober- und Unterschicht.
Das Palais Strudelhof, damals Palais Berchtolt steht direkt oberhalb der Stiege.
Berchtold war als Außenminister mitverantwortlich für den Ausbruch des Ersten Weltkrieges, in besagtem Palais lief das Ultimatum an Serbien aus.
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