21st century digital revolt II: Too creative for ya
Web 2.0 haut dem Big Business schon wieder eins in die Fresse: Soundkartenhersteller Creative hatte sich das so schön vorgestellt. Nachdem ja Millionen User mit Vista zwangsbeglückt werden und wegen der tollen Bremserqualitäten dieses toll bunten Betriebssystems sowieso neue Rechner brauchen, sparte man sich bei vielen seiner alten Soundkarten einfach die Treiberarchitektur für Vista. Stattdessen stellte man eine neue Reihe von Soundkarten vor - exklusiv "Vista-ready". Und eigentlich hätte so die elegante Mischung aus Kundennepp, Für-doof-Verkaufen und unschuldigem Verweis auf die böse Blackbox Vista fast automatisch Geld reinspülen sollen. Logo: Auch wenn die unter XP tadellose Soundkarte um 100 Mücken fast neu ist - wer Vista kriegt, kann das Ding verschrotten und eine neue, "Vista-ready" Soundkarte kaufen. Vielen Dank! WIe geht der Spruch? "You can fool some people all the time. You can fool all people for some time. But you can't fool all people all the time."
Doch dann kam Daniel_K. Dieser User hatte auf eigene Faust modifizierte Treiber programmiert, mit denen - potzblitz - plötzlich auch die Creative-treiberseitig nicht für Vista geeigneten alten Soundkarten wieder Vista-tauglich waren - ein klarer Fall von Serviceleistung, die Creative, trotz gegenteiliger treuherziger Beteuerungen in den Foren, aus recht durchsichtigen Gründen nicht bereitstellen wollte. Der Grundtenor der Webgemeinde: Hier muss mal wieder ein Nutzer selber einspringen, um die Faulheit/Unfähigkeit der Hersteller auszugleichen, die ihre Kunden als Melkkühe betrachten. Nichts Besonderes also im weltweiten Netz der Kaufdinge.
Bis letzten Freitag, als Creative-Vice President Phil O'Shaughnessy im Forum unverhohlen mit rechtlichen Schritten drohte , falls Daniel_K die userfreundlichen Treiber weiterhin anbieten würde - geistiges Eigentum, Verfügungsrechte über die eigenen Patente und das Recht, sich auszusuchen, auf welcher Software die jeweilige Hardware laufen dürfe, waren die vom businesstechnischen Standpunkt aus recht einleuchtenden Argumente gegen die kundenfreundliche Variante von Daniel-Ks Treiberupdates. Mit einem Post im Forum streckte Daniel_K die Waffen. Doch wie's heutzutage so üblich ist, lässt sich Derartiges nicht gut verheimlichen. Seit Freitag hat der Kundenprotest im Netz in zahllosen Foren und Blogs , aber auch bei Einzelhändlern derartige Ausmaße angenommen, dass montags Herrn O'Shaughnessy wohl kurz die Kinnlade runterklappte. Boycottcreative.com ist hier nur die Spitze des Eisbergs, angeblich hat sogar eine große US-Elektronikkette wegen massiver Kundenproteste bereits zahlreiche Creative-Produkte aus dem Sortiment entfernt.
Man sieht: Kundenverarsche + Social Networks = WENIGER Profit. Und das in drei Tagen. Wenn mir ein blumiger Vergleich gestattet ist: Das mit dem Copyright und den Patenten ist die Mauer, an der sich der Ozean der weltweiten Vernetzung bricht. Aber wohl nicht mehr lange.
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