El-P - I'll sleep when you're dead (2007)
Brooklyn rules. Was Def-Jux-Labelchef El-P in seinen Labors zusammenbraut, hat etwas ganz eigenes, düsteres, ernsthaft Gestörtes, vorgetragen mit Wucht und Selbstironie. Schon sein 2004er-Album "Collecting the Kid" zeigte auch HipHop-Skeptikern, dass all die Hitparadengangstas und Kindergartenrapper nichts, aber auch gar nichts mit dem zu tun haben, was HipHop auch und vor allem immer noch ist: ein urbaner Alptraum aus Beats, Stimmen, Atmosphären, Gedanken und gnadenlosem Rhythmus, der das Kopfnicken zum automatischen Reflex werden lässt.
"I'll Sleep When You're Dead", das neue Album - eines der "Most anticipated albums of 2007" (XLR8R ) - , tritt wieder an, mit einem akustischen Vorschlaghammer HipHopklischees zu zertrümmern. Schwierig, eine Platte zu rezensieren, wenn jeder Track eine eigene Rezension verdient hätte, wenn mit solcher Macht Sound und Gedanken auf einen einstürzen - auch der laut.de-Rezensent gibt sich hilflos, aber dankbar geschlagen: "Selten fühlte ich mich angesichts einer Platte kleiner, hilfloser und überforderter von der schier unlösbaren Aufgabe, eine Ahnung von der düsteren Macht zu vermitteln, die in El-Ps wohl gezieltem Zweitschlag steckt." weiterlesen
Tatsächlich ist es schwierig, El-Ps Sound gerecht zu werden - man muss es schon hören, sich gezielt durch den Kopf gehen lassen, um die Wucht und Kompromisslosigkeit des Sounds am eigenen Leibe zu erfahren. "Drive" etwa, das mit klassischen Oldschool-Anklängen beginnt und sich gegen Ende in einen düsteren, aber zugleich berauschenden Synthesizerakkord erweitert, "Habeas Corpses (Draconian Love)", das in Samples, Soundbits und hard-boiled Lyrics in knappen viereinhalb Minuten mehr Story und Gefängnisatmosphäre vermittelt als so mancher drei Stunden lange Scorsese-Streifen. Schon der Opener "Tasmanian Pain Coaster" (mit The Mars Volta!) ist ein Dschungel aus Soundscapes, Eindrücken und Statements, aus dem sich locker mehrere dystopische Near-Future-Albträume ableiten lassen - Trip-Sound, urban nightmare style.
"Flyentology" wartet gar mit Trent Reznor als Gast auf, während in anderen Tracks die Labelkollegen Cage und Aesop Rock etwas beitragen. El-Ps HipHop ist mehr als "nur" Abstract: Es ist wieder Big City Nights Sound, eine Weltanschauung, eine attitude: "This is the sound of what you don't know killing you / This is the sound of what you don't believe still true / This is the sound of what you don't want still in you."
"I'll sleep when you're dead" ist ein gewaltiger, vielschichtiger Wall of Sound, ein umfassender Blick in El-Ps Universum, der einen betäubt, beeindruckt und begeistert. Wäre El-P so groß wie 50 Cent, die Welt wäre ein besserer Ort und alles Jazz. WIe bei "Collecting the Kid" gilt auch hier: Unbedingte Empfehlung. Eine Platte, die in jedem Haushalt sein sollte, und sei es nur, um per Demonstration zu zeigen, was denn verdammt noch mal an HipHop so verdammt cool ist.
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