Schlechte Zeiten – ganz schlechte Zeiten
Man tut der Innenpolitik Unrecht, wenn man sie als Kasperltheater bezeichnet. In Wirklichkeit wird der staunende Steuerzahler dieser Tage Zeuge einer Seifenoper. Mit den genreüblichen Zutaten Liebe, Verrat, Herzschmerz und Rache.
Was bisher geschah: Die fromme und züchtige Braut Cäcilie, Tochter eines Döblinger Landadeligen, war lange Jahre in einer ungeliebten Pflichtehe mit dem brummigen Pflichtgatten Poldl gefangen gewesen. Der war ein starker, aber schon von Cäcilies Eltern verabscheuter Spross einer schmierigen Proletenfamilie, noch dazu völlig gottlos, was der frommen Cäcilie schon immer ein Dorn im Auge gewesen war. Als bei fortgesetzten Krisen vor Jahren dieser rohe Primitivling trotz aller ständigen Eheprobleme rüde sein Recht auf den geschändeten Körper der unwilligen Cäcilie erneuen wollte, machte unsere Heldin - verzweifelt, aber in gerechter Enttäuschung - endgültig Schluss mit ihm. Denn es gab eine neue, eine verbotene Liebe: Heimlich hatte sich der Landjunker Jörgl aus dem Bärental ins Herz der unglücklichen Cäcilie geschlichen. Gewiss, der Jörgl war ein wilder, ungezähmter Gesell, recht ungestüm und nicht ganz gesellschaftsfähig; doch mit der liebevollen Führung einer strengen und moralisch überlegenen Gattin würde er doch einen passablen Ehemann abgeben. So brach die von der Liebe zuvor so stiefmütterlich behandelte Braut Cäcilie mit großer, aber naiver Hoffnung auf ins neue Eheglück.
Und ja, es waren abenteuerliche Jahre; wie im Taumel begann man das neue Eheleben - egal, was die anderen sagten! Und ja, anfangs sah es so aus, als würde sich der rüde Jörgl tatsächlich vom Vorbild seiner tugendhaften Gattin zähmen lassen. Man räumte auf im Haushalt, verteilte mit verliebtem Gekicher die Aufgaben der Haushaltsführung und bemühte sich, alle Spuren des ungeliebten Poldl verschwinden zu lassen. Doch bald schon begann das junge Eheglück zu bröckeln. Die Psychotherapie schien beim neuen Gatten zu versagen, wiederholt gab es psychotische Schübe und Ehekrisen, die das Leben der unglücklichen Cäcilie mehr und mehr zur Hölle machten. Schließlich der endgültige Zusammenbruch: Eine schwere Persönlichkeitsspaltung machte das weitere Zusammenleben mit dem vorzeitig gealterten und geschwächten Bärentaler unmöglich. Währenddessen war der frühere Gatte Poldl wie betäubt in einem Taumel aus Selbstmitleid, Alkoholismus und Verwahrlosung versunken und hatte sogar Teile seines Erbes in Onlinekasinos in der Karibik verschleudert.
Gezeichnet, aber auch gestärkt durch diese Erfahrung, sich ihrer Verletzlichkeit, aber auch Stärke bewusst, stand Cäcilie nach der erzwungenen Trennung von Jörgl zum ersten Mal auf eigenen Beinen – allein, von der Verständnislosigkeit der Welt enttäuscht, aber voller Selbstvertrauen – wer, wenn nicht sie, sollte den Haushalt führen? Doch das Unfassbare geschah: Poldl kehrte zurück. Höhnisch, laut polternd, mit großspuriger Gossensprache trat der Ex nach sechs Jahren Funkstille wieder in ihr Leben. Ach! Wie gern hätte die keusche Cäcilie diesen Grobian abweisen, ihm ein trotziges "Nein! Da bliebe ich lieber alleine, als dich wieder zu heiraten!" engegenschmettern wollen, doch ach! die Verpflichtungen, die Verantwortung, einen Haushalt zu führen - und wahrlich, sie hatte ihn ihrer festen Überzeugung nach ja vorzüglich geführt. Vor allem, seit sich ihr zweiter Gemahl als unfähig zur Mithilfe erwiesen hatte, war sie gezwungen gewesen, fast alles allein zu machen.
Schmierig grinsend kam nun also Poldl bei ihr an, den schlampig gepackten Koffer mit seinen Sachen unter dem Arm, zwei höhnisch kichernde halbwüchsige Weibsen im Schlepptau. "Na servaaas, na, wer will mich da wieder unbedingt zruck ham? Jö schau, i kenn di! Wie wars denn mit deim Neichn, dem Fetznschädl? Host da die Birn schee aughaut?" Mit zusammengebissenen Lippe stand Cäcilie da, leise vor Zorn kochend. Zögerlich reichte sie Poldl die Hand, wollte sich schon fügen, doch dann setzte Poldl, siegessicher, noch eins drauf. "Heast übrigens, Cilli, die Trudl und die Petra ham gmant, vielleicht warads besser, du lossast di amoi genau auschaun, net, so a Gesundenuntersuchungsausschuss, weil wer waas, wos da du in de letzten Joa mit deim Neichn do vielleicht eingfaungt host. Heitzutog muass ma jo irre aufpassen, net, AIDS und so." Cäcilie traute ihren Ohren kaum und erblasste, als sich zu diesen Worten die beinahe noch pubertären Begleiterinnen Poldls fies grinsend die Gummihandschuhe überstreiften. Sollte das der Beginn einer neuen, wenn auch widerwillig geschlossenen Ehe sein? Die Röcke zu heben, vor den Augen dieses hohnlachenden Gesindels, das sich sowieso wahrscheinlich gewohnheitsmäßig miteinander im Lotterbette wälzte?
"Nein", sagte Cäcilie still in das schnaufende Gepruste und Gelächter ihres verhassten Exgatten hinein. Das Lachen der schadenfrohen Dreierbande erstarb. Cäcilie hob ihren Kopf. "Nein", wiederholte sie mit mühsam unterdrücktem Zorn. "Wenn das so ist, dann musst dir halt allein einen runterwedeln!" Und sie machte kehrt und schlug den wie versteinert dastehenden Grobianen die Tür vor der Nase zu ...
Wird Poldl sein Glück allein versuchen? Wird Cäcilie als alte Jungfer enden? Schalten Sie auch das nächste Mal wieder ein! Wie bitte? Handlung flach? Unsympathische Hauptdarsteller? Na ja, stimmt. Aber immerhin: die teuerste Produktion, die es in Österreich je gab.
(Diese Story erschien zuerst leicht geändert auf tamtamvienna .)
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