Endlich Nichtraunzer!
Fast 70% der Österreicher, so hat eine aktuelle Studie des IMAS Linz ergeben, verspüren einen Verlust der Menschlichkeit durch zu großes Gewinnstreben in der Wirtschaft. Zeit für eine radikale Imagekampagne! Einige hilfreiche Vorschläge
Ja, ja: Auf die Wirtschaft hinhacken ist zum modernen Volkssport geworden. Es hat ja so weit kommen müssen. Das ständige Gejammere. Das ununterbrochene Lamentieren. Und vor allem: die Neidgesellschaft! Wie oft schon wurden in der bösartigen Presse erfolgreiche, warmherzige Manager als geldgeile Raffzähne dargestellt, wie oft wird die harmonische Gesundschlankung von Unternehmen als simple Rausschmeißerei diffamiert! Jüngstes Beispiel für die gemeinen Unterstellungen ist die offenherzige Initiative der Industriellenvereinigung. Da hat man sich voll Wohlwollen endlich dazu aufgerafft, den sehnsüchtigsten Wunsch der Arbeitnehmer nach Abschaffung der allseits verhassten Überstunden zu erfüllen und ohne auf den eigenen Vorteil zu schauen mehr Flexibilität ins Arbeitsleben zu bringen, und was ist der Dank? Jahrelang stöhnen diese Undankbaren wegen der Überstunden, raunzen wegen der faden Routine, und da macht man einen Lösungsvorschlag – weg mit den Überstunden, Arbeiten zu neuen, aufregend ungewohnten Zeiten wie etwa dem Sonntagvormittag, das macht Spaß, das bringt Schwung in die eingerosteten Alltagsroutinen – und schon wird einem Unmenschlichkeit und grenzenloses Profitstreben vorgeworfen. Wie oft schlagen den armen Großunternehmen, den hoffnungsfrohen Multis und den ihren Horizont immer erweiternden internationalen Unternehmen blankes Unverständnis, böswillige Vorurteile und neiderfüllte Ignoranz entgegen! Eine Aufklärungskampagne tut Not, es ist an der Zeit, die arme, missverstandene Wirtschaft in ein besseres Licht zu stellen, die Wahrheit zu sagen und die rosigen Realitäten endlich beim Namen zu nennen.
Die Baubranche etwa wird dauernd durch den Dreck gezogen. Wo aber, frage ich, gibt es noch eine Branche, in der so viel Wert auf Menschlichkeit, auf den direkten Kontakt, auf persönliche Arrangements gelegt wird? Wo Freundschaft unter Männern sich in majestätischen Bauten niederschlägt, wo brüderlich eine Hand die andere wäscht, wo man halt einfach zusammenhilft, noch dazu beim Bau von großen Sportstätten, von denen alle etwas haben? Oder das Transportwesen! Eine Branche, in der die Mitarbeiter auf große Fahrt gehen dürfen, etwas von der Welt sehen können, während sie aufopfernd und ohne Rücksicht auf die eigene Müdigkeit und Sicherheit dafür sorgen, dass die dankbaren Konsumenten spanischen Schinken von in Rumänien geschlachteten dänischen Schweinen kaufen können? Nur zwei Beispiele von faszinierend hamonischen Wirtschaftszweigen, aber liest man etwas davon in den Medien? Hört man etwas Positives von diesen schönen, wunderbaren Bereichen der weiten Welt der Wirtschaft? Nein! Aus diesen Gründen habe ich mich spontan entschlossen, der arg bedrängten, in der Öffentlichkeit zu oft angepatzten Wirtschaft und ihrem angeschlagenen Image zur Hilfe zu eilen und einige Vorschläge zur Image-Verbesserung einzubringen. Denn PR-technisch liegt da einiges im Argen.
Mal ehrlich: „Geht’s der Wirtschaft gut, geht’s uns allen gut“ – gähn. Heutzutage muss man anders werben, die schockierende, ungeschminkte Wahrheit als Slogan hinausschreien (klassisches Paradebeispiel: „Kärnten is a Waunsinn!“) oder aber die eigene Ratlosigkeit offen eingestehen (auch schon ein Klassiker: „Wer, wenn nicht er“). Dass falsche Subtilität nichts bringt, weiß man von frühen Versuchen, das Gemurre über den Status quo zu beenden: „Weniger raunzen, mehr Chancen“ blieb erfolglos, weil zu abgehoben, vieles wäre besser gewesen und von der Öffentlichkeit sicherlich als ehrlicher und erfrischend besser angenommen worden (etwa „Net bled reden“, oder, von berückender Einfachheit und Aussagekraft: „Gusch!“). Es bräuchte gerade heute einen Slogan, der den verständnislosen Miesmachern einfach, ehrlich und prägnant die Schönheit der großen Wirtschaft näherbringt und alle Zweifler und Raunzer hilflos verstummen lässt.
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