Endlich in den schwarzen Zahlen
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Freunde,
Sie wissen, was wir Ihnen am Beginn unserer Amtsperiode versprochen haben: Es ist endlich an der Zeit, dieses Land wieder wettbewerbsfähig zu machen.
Es kann einfach nicht angehen, dass Staatswesen geführt werden wie der in dritter Generation vererbte Greißlerladen von der Mitzitant! Österreich muss mit den Mitteln modernsten Managements geführt werden, dann wird dieses Land auch bald wieder Gewinne abwerfen. Wir haben versprochen, unrentable Bereiche abzustoßen, rentable Bereiche weiter auszubauen und Österreich wieder als Top Player zu etablieren. Dazu waren selbstverständlich einige schmerzhafte Konsolidierungsschritte nötig, aber nach dieser notwendigen Phase werden Sie uns noch danken!
Zuallererst haben wir uns das Produktportfolio einmal kritisch angesehen und festgestellt, dass es unzählige Bereiche gibt, die wirtschaftlicher Ballast sind. Ich weiß, es ist schmerzhaft, aber wir haben uns in langen Gesprächen mit potenziellen Käufern dazu entschlossen, schweren Herzens folgende Regionen abzustoßen: das Burgenland wird in einem Leaseback-Verfahren an Ungarn verkauft und zu günstigen Konditionen zurückgemietet. Vorarlberg wurde uns von der Schweiz fast aus der Hand gerissen, und ich muss sagen, wir haben wirklich einen anständigen Preis erreicht, meine Damen und Herren! Die Salzburger und Wiener Altstadt wurden, wie Sie sicher wissen, nach unzähligen Anfragen in einer Versteigerung an den Yamashita-Konzern verkauft doch ich kann Sie beruhigen, die Gerüchte der Opposition sind nur üble Panikmache: Auf keinen Fall werden diese Städte Stein für Stein abgetragen und in Osaka wieder aufgebaut. So ein absurder Gedanke kann nur den Herrschaften von der Oppositionsbank einfallen! Selbstverständlich, meine Damen und Herren, beschränkt sich der Abbau auf die historisch interessanten Gebäude, also etwa bis Baujahr 1910!
Für Tirol wiederum haben wir einen ganz besonderen Deal ausgehandelt: Ich freue mich, Ihnen mitteilen zu können, dass die großen europäischen Speditionskonsortien unserem Angebot zugestimmt haben, das gesamte Inntal sowie die die großen Transitstrecken samt Umland zu kaufen und selbstständig weiter auszubauen, letzten Gesprächen zufolge auf etwa zwölf Spuren Breite. Bevor jetzt aber die Tiroler Patrioten wieder maulen: Die Käufer haben versichert, man habe absolut kein Interesse an den Bergen – und die Berge machen ja Tirol erst aus! Also, liebe Tiroler, „in die Berg bin i gern“ und so weiter, nicht wahr…
Aber das Gesundschlanken kann hier nicht enden, meine Damen und Herren. Auch bei den Staatsausgaben muss noch empfindlich zurückgeschraubt werden, vor allem bei den Pensionen! Hier hat die Opposition wohl einiges nicht verstanden, deshalb noch einmal: Ja, wir haben die nördlichen Provinzen Nieder- und Oberösterreichs zum symbolischen Preis von einem Euro an unsere nördlichen Nachbarn verkauft. Aber, und das ist das Kernstück unserer Pensionsstrategie, dafür haben sich diese Länder verpflichtet, Österreichs ärmste Pensionisten dort anzusiedeln! Und mit jenen 250 Euro, die wir als Einheitspension auszahlen, lebt man in Tschechien und der Slowakei wie Gott in Frankreich!
Wie Sie sehen, wird bei uns unermüdlich gearbeitet, und ich kann Ihnen versichern, dass auch das Problem der Arbeitslosigkeit so gut wie gelöst ist. In langen Gesprächen mit meinem Freund, dem russischen Zaren… Verzeihung, selbstverständlich mit Russlands Präsidenten, haben wir ein Kooperationsprogramm ausgearbeitet, das einem Großteil der österreichischen Arbeitslosen sichere Jobs in russischen Großprojekten anbietet, meine Damen und Herren! Soweit ich weiß, geht es dabei großteils um Straßenbau, Putin sprach voll Begeisterung von einer gewissen „Beringstraße“, die ganz in der Nähe dieser Spezialprojekte liege.
Meine Damen und Herren, ich weiß, der Weg ist hart. Für uns alle. Trotzdem gibt es Licht am Ende des Tunnels: Mit Freude kann ich verkünden, dass wir bereits für Ende dieses Jahres den Börsengang für dieses Land planen. Wir rechnen mit Gewinnen in beachtlicher Höhe, die wir aber zuerst einmal dafür aufwenden müssten, die Reste der Staatsschulden abzustottern. Doch ein kleines Geheimnis kann ich Ihnen, am Ende meiner Zwischenbilanz, diesbezüglich noch verraten: Unsere Juristen prüfen gerade, ob wir der Rückzahlung dieser Summen nicht durch Konkurs oder Neugründung des Staates entgehen können. Jaja! Schon morgen werde ich diesbezüglich mit dem Finanzminister sprechen – gleich, wenn er aus dem Ministerium auf den Caymans zurück ist.
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