EL-P: Collecting the Kid (2004)

 elp„Let’s boil it down to the simplest.“

El-P, weißer New Yorker HipHopper, Labelchef von Def Jux , hat mit “Collecting the Kid” bereits Ende 2004 ein Album herausgebracht, das es verdient, hier noch einmal in Ausführlichkeit vorgestellt zu werden. Für alle, die meinen, jetzt müde abwinken zu können: Auf diesem Longplayer zeigt der Miterfinder des „Abstract“, was HipHop für mich immer schon so faszinierend gemacht hat: die perfekte Symbiose von simplen, hypnotischen Atmosphären, hochdramatischen Soundscapes und Tabubrüche, die die Genregrenzen insgesamt ins Wackeln bringen.

Eins ist klar: Jazz ist sowieso alles. Außerdem die futuristischste, zugleich mit einer göttlichen Nonchalance und aufreizenden Entspanntheit vorgetragene Erfindung einer neuen Musik, die zeigt, dass auch HipHop alles ist. (Und ja, es ist Absicht, das hier keine brandneuen Sachen vorgestellt werden, sondern solche, die oft zu Unrecht untergegangen sind.) weiterlesen 

elp2Vor Jahren fragte mich olaf, was mich an HipHop so fasziniert. Eine einfach zu beantwortende Frage, sollte man meinen, vor allem, da ich schon seit 1991, seit A Tribe Called Quests Jahrhundertalbum „The Low End Theory“, der unwiderstehlichen Anziehungskraft dieses Sounds verfallen bin und auch die Kommerzialisierungswelle – mit den richtigen Musikern aus dem HipHop-Untergrund – ohne Idealismus-Einbußen überstanden habe.

Und nun kommt „Collecting the Kid“, ein Album von 2004, das meine Unzufriedenheit ob der damals für mich und olaf ungenügenden Antwortversuche sofort verschwinden lässt. HipHop, könnte man sagen, ist wegen seiner starken Verbindung von Text und Musik ein Sound, der den Körper über das Gehirn attackiert: Auch wenn man nix versteht, hier wird Bedeutung produziert, hier ist das Wort mehr als nur Melodie- oder Rhythmusträger. Obwohl „Collecting the Kid“ fast ausschließlich ein Instrumental-Album ist, löst es für mich Cannibal Oxs „The cold vein“ (2001, Produkion: EL-P) als ultimatives Statement zu HipHop ab.

Was ist nun das Besondere an diesem Album?  Zunächst einmal die unglaubliche Vielfalt. El-P lehnt sich weit aus dem Abstract-Fenster, „Oxycotin“ zeigt El-P ft. Central Services als genialen Aufkocher von Pink Floyd, und auch Freunde von NINs langsamen Depro-Schmuse-Balladen wie „Hurt“ sollten sich hierbei von der Omnipotenz des HipHop überzeugen lassen. „Constellation Recall“ wiederum wartet mit Stephanie Vazina mit einer Frauenstimme auf, die Vergleiche mit Under Bye, Goldfrapp und Björk nahelegen (aber es ist noch viel geiler). „Time is Running“ wiederum haut uns Dub um die Ohren, als hätten Techno Animal gemeinsam mit dem Rainer Trüby Trio gefrühstückt. Und oft blitzt auch der altbekannte Sound von John Carpenters Achtzigerjahre-Horrorthemen auf, doch so konsequent, richtig und zwingend eingesetzt, dass man Mal um Mal aufhüpfen und „Yes!“ schreien würde, wenn man nicht zu entspannt und glücklich wäre. Und dazwischen, davor und danach: feinster HipHop, schönster Jazz, geniale Samples, Big City Nights Sound.

Unbedingte Empfehlung. Eine Platte, die in jedem Haushalt sein sollte, und sei es nur, um per Demonstration zu zeigen, was denn verdammt noch mal an HipHop so verdammt cool ist.

PS: Special User kriegen am Schwarzen Brett nen Satz heiße Ohren.